Festival für Neue Musik Forum Wallis

Vom 1. bis 17. März findet im Oberwallis das 17. Festival für neue Musik Forum Wallis statt. Das Programm ist nun online.

Zu Gast am Forum Wallis 2024 (v.l.n.r.u.o.n.u.): Cyrill Régamey, Ensemble ö!, Flo Stoffner, Isa Wiss, Lionel Friedli, Klara Germanier, Conradin Peter Zumthor, Hans-Peter Pfammatter, Manuel Mengis, UMS’nJIP, Luis Tabuenca, Yannick Barman. Bild: Forum Wallis

Anfang März verwandelt sich das Oberwallis wieder in einen Hotspot für Neue Musik: Schweizer und internationale Acts gewähren in konzentrierter Form einen faszinierenden Einblick in das vielfältige Schaffen der zeitgenössischen Musikszene.

Das Festival erstreckt sich heuer über einen Zeitraum von drei Wochenenden und insgesamt 8 Spieltagen: Auf Schloss Leuk finden experimentelle Kammermusikkonzerte statt (1./2. März), am MEbU (Münster Earport) im Goms die akusmatischen Konzerte (8./9./10. März), und am 15./16./17. März Konzerte mit Fokus auf neu beleuchtete Volkslieder mit dem Oberwalliser Volksliederchor in Kippel, Eischoll und Reckingen.

Mit dabei sind in der 17. Festivalausgabe die Schweizer Freejazz-Grössen Manuel Mengis und Hans-Peter Pfammatter, Flo Stoffner, Lionel Friedli, Isa Wiss, Klara Germanier, Conradin Peter Zumthor, Yannick Barman, Cyril Régamey, das Ensemble ö!, der Leuker Schriftsteller Rolf Hermann und der spanische Perkussionist Luis Tabuenca im Trio zusammen mit Ulrike Mayer-Spohn und Javier Hagen.

Ars Electronica

Die Ars Electronica Forum Wallis Selection Concerts, welche 2024 zum 9. Mal stattfinden und von Simone Conforti (IRCAM Paris) kuratiert und performt werden, finden zum zweiten Mal am MEbU (Münster Earport) im Goms statt. 23 neue Werke von 25 Komponistinnen und Komponisten aus 17 Ländern erleben hierbei ihre Uraufführung bzw. Schweiz Premiere.

Das Forum Wallis ist ein jährlich im Wallis stattfindendes internationales Festival für Neue Musik. Seit 2006 hat das Forum Wallis über 300 Uraufführungen mitproduziert und Werke von über 500 KomponistInnen aus aller Welt präsentiert, darunter Stockhausens Helikopterstreichquartett zusammen mit dem Arditti Quartet, André Richard und Air Glaciers, Holligers Alp-Cheer und Cod.Acts Pendulum Choir. Zu den regelmässigen Gästen des Festivals gehören Ensembles wie das Ensemble Recherche, Klangforum Wien, UMS’nJIP und Ensemble Modern.

Das vollständige Festivalprogramm ist online auf http://forumwallis.ch zu finden.

Florian & Michael Arbenz

Zwillinge, 1975, Schlagzeug, Klavier

Hanspeter Künzler: Wie seid ihr aufgewachsen?
MICHAEL Unsere Eltern waren Musiker, die Mutter Cellistin, sie hatte viel mit musikalischer Früherziehung zu tun, der Vater Pianist, Leiter der Musikschule in Basel. So sind wir mit Musik aufgewachsen, vor allem klassischer.

Eine musikalischere Umgebung kann man gar nicht haben.
FLORIAN Ja, also, wir waren immer um Musik herum, würde ich sagen. Von der Einstellung her war die Mischung für die Generation unserer Eltern typisch. Humanistisch erzogen, im Bildungsbürgertum aufgewachsen und einen Schuss Hippie mitgenommen. Klassisch orientiert, aber immer auch offen.

Hippie – sie haben auch Jimi Hendrix gehört?
FLORIAN Haha, es war nur ein Schuss Hippie – ich würde sagen, beim Köln-Konzert hat’s aufgehört. Nein, sie waren sehr humanistisch gebildet, haben als Kind Kammermusik gespielt, Schumann und so, und haben sich geöffnet bis zum Django Reinhart und Keith Jarrett. Aber uns hat’s nicht gestört. Sie waren sicher ein bisschen offener als die Generation vor ihnen, die die Dinge eher dogmatisch angeschaut hat, glaube ich.

MICHAEL Begeisterung für alles war da – Unterhaltungsmusik von einer Generation früher war auch sehr präsent, die Comedian Harmonists, dazu Begeisterung für Groove und Songs. Die Mutter hat sich sehr mit der Musik fremder Völker auseinandergesetzt. Afrikanische Musik vor allem. Dafür begeisterte sie sich, hatte auch Schallplatten.

Wann habt ihr Musikstunden genommen?
MICHAEL Ganz ursprünglich haben wir beim Vater ab und zu Klavierstunden gehabt. Man ist hineingewachsen irgendwie. Ich kann mich nicht an einen Startschuss erinnern.

FLORIAN Doch doch, ich weiss noch. Im Kindergarten beim Weihnachtsfest, es kam die Frage: Wer kann etwas bieten? Ich dachte: Mein Vater spielt Klavier, dann ist ja klar, dass ich das auch kann. Ich kam heim, sagte, ich spiele etwas vor – und irgendwie war klar, dass, wenn schon, wir zusammen etwas spielen. Den Eltern ist die Kinnlade heruntergekippt, das hätten sie nun wirklich nicht gebraucht, aber sie haben sich dem dann demütig angenommen. Das war vielleicht der Startschuss. Ich würde schon sagen, dass viel auf dem eigenen Mist gewachsen ist. Die Eltern waren eher defensiv, nicht was Qualität anbelangt, sondern was das allenfalls Hineinschupfen anbetraf. Oft haben wir gesagt: Wir wollen, und sie haben uns grosszügig unterstützt.

Was halten sie von der Musik, die ihr jetzt macht?
MICHAEL Will ihnen nichts unterstellen, aber ich glaube schon, dass unsere Musik heute Parameter hat, die auch Leute mit klassischem Background ansprechen können, ein gewisser Anspruch, einigermassen anständig konstruiert zu sein, einigermassen virtuos, gewisse Skills, eine gewisse Musikalität. Ich glaube, mit dem können sie sehr viel anfangen. Wenn wir seichten Pop machen würden, könnten sie wohl weniger damit anfangen. Unsere Musik, auch wenn sie anders klingt, hat doch einen nahen Bezug zur Ästhetik der klassischen Musik. Sie kommen auch immer und finden es immer toll.

FLORIAN Seit ich mich erinnere, haben wir zusammen ein Zimmer gehabt als Zwillinge, zusammen Musik gemacht, sie war immer Teil vom Leben und von der Kommunikation zwischen uns. Es sind auch immer viele Instrumente da gewesen. Wir haben die auch immer gebraucht, wie Spielzeug.

Auch ein Schlagzeug?
FLORIAN Haha, dem sind sie am Anfang eher skeptisch gegenübergestanden. Aber es lagen ja auch immer so Trümmeli herum. Alles Mögliche war da, Akkordeon, Balalaikas, Banjos, wir haben das halt in die Hand genommen und probiert. Schlagzeug kann man ja auch aus anderen Sachen zusammenstellen. Nein, man kann nicht sagen, dass ich aus Rebellion Schlagzeug gespielt habe.

Was habt ihr zusammengespielt als 10-Jährige?
FLORIAN Wir waren immer Jazz-Freaks. Die Eltern hatten eine kleine Sammlung, die sich zwischen Louis Armstrong, Ella Fitzgerald und Django Reinhart bewegte, das modernste war wohl Bill Evans. Wir haben das immer gefressen, seit wir kleine Kinder waren. Hat uns extrem angesprochen. Wohl in dem Stil haben wir dann auch Musik gemacht, wenn auch ohne jede Grundkenntnis.

MICHAEL Das andere, an das ich mich erinnern kann: Wir sind in der Musikschule in den Unterricht gegangen. Ich habe damals auch noch Schlagzeug gespielt. Es gab dort verschiedene Gefässe, etwas zu lernen, nebst dem Zu-Hause-Dinge-Ausprobieren. Im Jazz ist das immer noch meine Basis, Sachen über das Gehör und das Gefühl aufzunehmen. Wenn ich zurückdenke, habe ich Dinge emotional verstanden, lang bevor ich erfasste, was da passierte. Learning by Doing, bevor ich intellektuell verstand. Beide haben wir Klavier und Schlagzeug gespielt, hat dem Ganzen auch einen leicht offiziellen Boden gegeben.

Also habt ihr schon damals improvisiert?
FLORIAN Es war wie spielen für mich, statt mit Bauklötzen halt mit Instrumenten.

MICHAEL Wir haben von uns aus so die Jazz-Geschichte wie nachgespielt. Das Erste, wofür wir uns begeisterten, waren Louis Armstrong und die 20er-Jahre. New-Orleans-Sachen, Benny Goodman, Fats Waller. Dann hat das wie von selber weitergearbeitet. Die Eltern waren in einem Schallplattenklub. Jeden Monat kam eine neue Platte mit der Post. Bill Evans hat mich weggetätscht. Das war so anders! Es war eine natürliche Entwicklung, die wir nachmachten, der Geschichte entlang.

FLORIAN Wir haben immer klassischen Unterricht gehabt, nie Jazz-Unterricht. Das gab es damals auch noch gar nicht wirklich. Unsere Klavierlehrerin war sehr offen, ihr Mann Gerald Bennett hat Neue Musik geschrieben, war Komponist. Sie war extrem offen, aber mit Jazz hatte sie nichts am Hut. Unser Schlagzeuglehrer war zwar Jazzfreak und hat uns mit Kassettli beliefert bis Threadgill, Elvin, Miles, war aber selber nicht wirklich ein Set-Spieler, wir haben klassisch geübt

Wurdet ihr in der Schule nicht als Freaks angesehen mit eurem Jazz, wo doch in der Zeit für viele Pop und Rock so spannend waren?
MICHAEL Nena war gross angesagt, Erste Allgemeine Verunsicherung – alles andere fand ich relativ langweilig. Michael Jackson hatte wieder eher etwas mit Jazz zu tun. Was wir nicht mitgekriegt haben als Kind, relativ lang, waren Jimi Hendrix, James Brown. Die R&B-Schiene war überhaupt nicht präsent. Weil wir ja die Jazzgeschichte nachgespielt haben, kam das bei uns relativ spät aufs Radar … Für die 60er-Jahre konnten wir uns noch relativ schnell begeistern. Ich kann mich erinnern, als du, Florian, mit Agharta von Miles Davis heimkamst, hat sich nochmal eine völlig andere Welt aufgetan mit dem Groove. Da waren wir schon 15 oder so. Wir haben das alles selber entdeckt, nichts wurde von aussen herangetragen.

Das intuitive Verstehen hilft mir noch heute zehn Mal mehr, als wenn ich mir das alles theoretisch erkläre. Auch für das Auswendigspielen, das Transponieren ist das ein extrem guter Approach, finde ich. Ich versuche das auch den Schülern beizubringen.

Wie alt wart ihr, als ihr angefangen habt, organisiert zusammenzuspielen?
MICHAEL Mit 16 oder so. Wir hatten mal eine Schülerband, es hat sich daraus entwickelt. Wir haben lang immer einen Bass gesucht, den brauchte es ja immer, aber das war ein Problem. Wir hatten einen sehr intuitiven unschulischen Approach, vielleicht deswegen auch keine Scheuklappen, dazu gab es wohl gewisse Sachen, die wir noch nicht wussten oder konnten. Zu der Zeit, wir waren nun 17 oder 18, kam in Basel die erste institutionalisierte Jazz-Schul-Generation. Die hat uns fast schon zu abgefahren gefunden, weil sie in dem Schulding drin war. Wir haben die Musikwerkstatt bei Tibor Elekes besucht, er hatte so einen Workshop, das war ein Ort, wo Inputs gekommen sind. Schlussendlich gründeten wir das erste Trio mit einem klassischen Bassisten, der Jazz spielte, der freakig genug drauf war, mit uns zu spielen. Daraus wurde das New-Jazz-Trio.

Wie lange hat New-Jazz-Trio gedauert?
FLORIAN Unsere erste Tournee mit Greg Osby war 1998 oder so. Ab 2000 ist Thomas dann dazugestossen.

MICHAEL Das New-Jazz-Trio NJT war das Trio, mit dem wir die erste CD machten, die ich heute auch nicht mehr hören will, aber es war ein Meilenstein. Es war auch das Trio, mit dem wir die erste längere Tour machten, eben mit Greg Osby, das Trio, mit dem wir zu reisen angefangen haben, das ist irgendwie schon der Startpunkt gewesen. Wenn ich das heute höre, sehe ich noch viel extrem Freies. Weil die Ideen von uns kamen und uns niemand sagte: Das kann man nicht machen. Das finde ich heute faszinierend. Andererseits gibt es Sachen, die fehlen, die uns einfach niemand beigebracht hat.

Wenn ich darüber nachdenke, in den 90er-Jahren dominierte diese ganz starke Bewegung, Marsalis, und Pianisten, Marcus Roberts, die waren sehr traditionalistisch eingestellt. Ich habe mich davon immer explizit distanziert. Für mich steht der individuelle Ausdruck immer zuoberst. Das ist mir damals viel wichtiger gewesen, als Zeugs nachzuspielen. Vielleicht habe ich mich dem zu stark verwehrt damals. Aber das könnte man vielleicht als eine Art rebellische Haltung anschauen.

Gibt es Unterschiede in der musikalischen Haltung zwischen euch beiden?
FLORIAN Vielleicht je länger je mehr! Ist auch logisch. Wenn man gemeinsam aufwächst, immer im gleichen Stadium steckt, entsteht eine gewisse Synchronisierung. Wir sind dann früh ausgezogen, was schon zu anderen Erfahrungen und Eindrücken führte.

MICHAEL Es hat wohl auch mit dem Instrument zu tun. Für mich, wenn ich etwas wirklich gut kann, gibt mir das Freiheit. Ich verbringe gern längere Zeit mit etwas, ehe ich mich dann frei ausdrücken kann. Was mir heute vielleicht ein bisschen fehlt, ist eine gewisse Basis in der Geschichte, auf die ich nicht zurückgreifen kann, sondern mir immer neu erarbeiten muss. Das kann man auch positiv sehen, dass man zu jedem Stück einen neuen Zugang erarbeitet und nicht immer wieder das Gleiche abspult. Ich habe mit der Band Vein in den letzten Jahren auch immer viel arrangiert, was wohl auch mit dem Instrument zu tun hat, das Klavier mit dem orchestralen Ansatz.

Der Wunsch, immer wieder neue Konstellationen zu suchen, nicht nochmal das Gleiche abzuspulen, zeigt sich doch auch bei dir, Florian, bei deiner Serie «Conversations», wo du jedes Mal mit neuen Besetzungen arbeitest.
FLORIAN Genau. Ja.

Gibt es dann mal wieder ein Vein-Album?
FLORIAN Im Moment herrscht gerade ein bisschen Stillstand. Eine Pausenphase.

Im Rahmen von Vein seid ihr euch immer einig gewesen? Gibt es jemals Streit über musikalische Fragen?
MICHAEL Eigentlich andauernd. Von Anfang an sind wir uns eigentlich nie einig. Es ist immer ein sehr anstrengender Prozess. Aber auch ein Schleifstein. Ganz selten war es so, dass einer sagte, machen wir so, und der andere sagte: super. Es ist ein langer Prozess. Über die Zeit hinweg ist er aber sehr fruchtbar, vieles schält sich heraus. Und am Schluss konnten wir uns noch immer einigen. Eine basisdemokratische Schweizerband, wenn man so will.

Kennt ihr den Roman von Michel Touriner, «Zwillingssterne»? Darin geht es um einen Zwillingsteil, der sich nichts inniger wünscht, als nahe beim Bruder zu sein. Dieser wiederum will möglichst weit weg sein vom Bruder. Bei euch scheint die Situation aber nicht so drastisch zu sein?
FLORIAN Nein, den Roman kenne ich nicht. Es ist bei uns tatsächlich nicht so drastisch. Vein war immer eine Band, die auf Konsens beruhte. Es hat immer viel gebraucht, den Konsens zu erreichen. Das ist auch der Grund, dass wir das Gefühl haben, wir müssen mal eine Pause einschalten. Darum ist sowas wie «Conversations» eine gute Sache, es bringt frischen Wind …

Wie sehen eure Pläne und Projekte aus?
MICHAEL Im März erscheint eine weitere Solo-Scheibe. Danach folgt eine Tournee zum Teil auch im Duo mit Andy Sheppard. Im Mai folgt ein Projekt mit einem Symphonieorchester, mal schauen, was sich dort ergibt. Es stehen verschiedene Sachen in den Startlöchern

FLORIAN Das «Conversations»-Projekt steht vor dem Abschluss. Nun bieten sich gewisse Formationen zum Spielen an. Was uns anbetrifft, wir hatten immer wieder Zwischenphasen, die es brauchte, um den Kopf durchzulüften. Dann kommt man wieder mit frischen Ideen, und es ist lustig, und man hat andere Inputs, die man in die Zusammenarbeit hineinbringen kann. Es war bei uns immer so, dass man intensiv arbeitet und dann das Gefühl hat, so jetzt braucht es Luft. Auf eine Art kennt man sich so gut, dass es dann auch wieder wohltuend ist, wenn man Inspiration von aussen in ein Projekt bringen kann. Ich finde das wichtig.

Als ihr mit Greg Osby gespielt habt, wart ihr ja noch blutjung. Wie kam das zustande?
MICHAEL Wir hörten ihn in New York und haben ihm dann ganz altmodisch einen Brief geschrieben und eine CD beigelegt. Das war damals noch per Fax. Jeweils um 4 Uhr früh hat dann wieder das Fax gerattert. Ich glaube, ihn hat unsere Andersheit und das Unverkrampfte angesprochen. Heute rechne ich ihm das immer noch sehr hoch an, er war damals ein sehr arrivierter Spieler. Er hat wahrscheinlich gar nicht gecheckt, dass wir noch so am Anfang stehen.

Und Andy Sheppard? Mit ihm habt ihr auch schon früher gespielt. Eure Verbindung mit England ist recht eng. Was interessiert euch daran besonders?
FLORIAN Ich finde nach wie vor, dass man in England einen speziellen Approach hat, der mir extrem zusagt. Unverkrampft. Kenny Wheeler, John Taylor, all die Musiker in London, die die Szene geprägt haben, es ist ein anderer Bezug als nur zu Miles hochschauen, ein anderer Approach.

MICHAEL Andy Sheppard ist old-school unterwegs. Wenn es ihm gefällt, macht er es. Für mich ist er auch einer, der anders tönt als alle anderen aus seiner Generation, auch sehr unamerikanisch. Es leuchtet mir ein, warum Carla Bley ihn gefragt hat für ihr Quartett.

Wie habt ihr es mit der derzeitigen englischen Jazz-Generation, Comet is Coming und so?
FLORIAN Für mich trennt es sich ein bisschen von der Attitude her. Es gibt Leute wie etwa Amy Churchill. Als ich gefragt habe, war sie sofort mega happy dabei zu sein, auch wenn nicht klar ist, was draus wird. Auf der anderen Seite Theon Cross, den ich angefragt habe für «Conversations», ich hatte seine private Mail, aber er macht mein Mail gar nicht erst auf.

In der Szene, da schauen sie wahnsinnig darauf: Ist es in unserem Vibe oder nicht, und wenn nicht, dann sind sie nicht interessiert. Es gibt die, denen es wichtig ist, in ihrer Community Ansehen zu geniessen, und die anderen, denen es mehr ums Künstlerische geht. Ich fragte auch Oren Marshall an, und der sagte innerhalb von zwei Minuten zu. Es ist lustig zu sehen, wie unterschiedlich das ist, von der Mentalität her. Manchmal ist es gar nicht so einfach, mit Musikern aus jüngeren Generationen in Kontakt zu treten.

Gibt es noch etwas zu sagen über Geschwister?
MICHAEL Ich habe schon das Gefühl, dass man in der Zeit, wo man anfängt, Zeug aufzubauen und mit sehr viel Widerstand konfrontiert wird, zu zweit mehr Schub hat. Man kann sich die Dinge aufteilen, das ist sicher kein Nachteil.

Was hört ihr gerade an? Heisse Tipps?
FLORIAN Ich checke sehr viel Zeugs aus, querbeet, alles, was mich anspringt.

MICHAEL Von der Hochschule kommen immer wieder Sachen von den Studenten, da kriege ich super Input von der jungen Generation, Sachen, die ich sonst nicht kenne. Das andere: Wir haben eine Geschichte mit klassischer zeitgenössischer Musik, mit komplexen Sachen, und ich merke immer mehr: Der emotionelle Wert, wenn man sowas zum «Spass» hört, die emotionale Komponente, rückt immer mehr in den Vordergrund. Ich merke, in meiner Entwicklung verabschiede ich mich eher von verkopftem Zeug.

 

Christoph & Simon Grab

Christoph, 1967, Saxofon, Komposition
Simon, 1971, Noise, Souddesign

Hanspeter Künzler: Womit beschäftigt ihr euch beide gerade so?
CHRISTOPH Ich unterrichte 2 ½ Tage an der ZHdK (Red. Zürcher Hochschule der Künste). Es ist nicht mein Lebensinhalt, aber ich mache das total gern. Es ist eine schöne Basis, um nachher frei zu sein und Musik zu machen. Der Umgang mit den Studierenden ist extrem inspirierend. Man bekommt vieles mit, was man sonst nicht mitbekommen würde. Man kann Dinge ausprobieren mit ihnen und umgekehrt. Man ist am Puls des Jazz-Geschehens, seit 20 Jahren. Aber ich habe auch meine eigenen Recherchen und Entwicklungen, die nicht mit der Schule zusammenhängen.

Gerade habe ich eine starke Jazz-Phase gehabt, straighter. Jetzt fange ich wieder an, mehr mit Elektronik und Loops zu machen, was ich früher sehr viel gemacht habe. Ich habe drei eigene Bands, Reflections, Root Area und Blossoms. Dazu bin ich fest beim Hausquartett, aber bei denen muss ich nicht organisieren. Dann habe ich auch noch eine Liste von Bands, wo ich Sideman bin. Derzeitige Priorität ist das neue Album von Reflections.

SIMON Ich kann auch bei der Bildung anfangen, bin auch seit ein paar Jahren an der ZHdK, habe aber auch vorher immer unterrichtet nebenbei. Ich habe immer gefunden, dass es wichtig sei, Wissen sofort weiterzugeben, damit es sich sofort erneuert. Dass man nicht drauf hocken bleibt, damit es weiter in den Prozess hineinspielt. Jetzt an der ZHdK bin ich weniger im kreativen Musik/Sounds-Bereich dabei, sondern mehr in der audiovisuellen Gestaltung, wo ich meine Passion für Noises und Sound und Soundästhetik weitergeben kann.

Sonst bin ich vor allem in der Elektronik daheim, habe aber auch eine Geschichte von Gitarren und Punkbands und anderer Musik. Sehr früh bin ich in die experimentelle Geschichte hineingekommen dank Leuten wie Joke Lanz, Dave Phillips und Rudolf Eb.er (sic). Die ganze Schimpfluch-Gruppe hat mir damals das Fenster aufgemacht in die Welt. Auch über Radioarbeiten, in die sie immer involviert waren. Aktuell habe ich Solo-Stücke am Laufen, wo ich allein auftrete, dazu interdisziplinäre Projekte mit Tanz/Film/was auch immer. Auch mit verschiedensten Musikern als Duos und Trios.

Wie seid ihr aufgewachsen?
CHRISTOPH Im Zürcher Unterland, Niederhasli. Beide sind wir nach Bülach in die Kanti. In Niederhasli hatte es ein Jugendhaus, da konnte man etwas Musik machen.

SIMON Dann sind wir von der Zürcher Agglo ganz aufs Land gezogen ins Rafzerfeld, wo die FDP die linksextreme Opposition ist.

Hat man daheim Musik gehört?
SIMON Wir sind vor den Boxen gehockt und haben die Hitparade auf Kassetten aufgenommen.

CHRISTOPH Es lief schon auch Musik im Haus. Von leichter Klassik bis ABBA und so. Der Vater hat Musik gemacht, eigentlich immer, vor allem hat er die ganze Zeit gepfiffen. Ich fragte mich, woher komme ich aufs Improvisieren – als Jazzer ist das ja mein Kerngeschäft, das, was man die ganze Zeit macht. Da kam mir in den Sinn, der Vater beim Autofahren, das hat total genervt, er hat immer gepfiffen, nicht Sachen, die es gibt, sondern eigene Melodien gesucht. Er spielte Trompete, heute Euphonium. Didgeridoo und Alphorn hat er auch gespielt.

Wie seid ihr auf Jazz gekommen? 1977 gab es wohl nicht so viele Jazz-Fans in der Schule?
CHRISTOPH Nein. Ich hatte einen Sax-Lehrer, der mich in die Richtung gepusht hat, Improvisation. Und es gab in Niederhasli die Big Band 71. Ältere Herren, die für mein Ohr toll gespielt haben, und ich durfte dort mitspielen. Das war ein Supererlebnis. Nachher am Gymi hatten wir verschiedene Bands. Dabei hat es mich immer ins Improvisieren gezogen. Warum Sax? Mit 8 Jahren wollte ich Sax spielen. Ich nehme an, es hat schon einen Kick gegeben irgendwie, warum ich darauf kam, aber ich kann mich leider nicht mehr daran erinnern.

Du, Simon, hast Gitarre gelernt, um dich vom Bruder abzuheben?
SIMON Es hatte eine Gitarre im Haus, die Mutter hat gespielt. Aber es gab schon einen ähnlichen Prozess. Zuerst habe ich immer zu Christoph hochgeschaut, der übte schon verdammt viel! Vier Jahre sind viel Zeit, ein grosser Altersunterschied, wenn man so jung ist. Ich lernte klassische Gitarre, hatte auch mal einen Lehrer, der Improvisatives zeigte, bevor ich bei der E-Gitarre gelandet bin. Ich habe schon immer geschaut, was Christoph macht. Vor allem auch Felix Utzinger, mit dem er gespielt hat, der dann mein Gitarrenlehrer wurde. Eine Weile lang spielten wir etwas Funk-Fusion, ein komischer Stil. Eine Zeitlang war ich in einer Gymi-Band mit Nik Bärtsch und Kaspar Rast. Dann kam aber der Prozess, hey, ich muss was anderes machen.

Wir wurden auch anders sozialisiert. Das Jugendhaus Bachenbülach, autonom und Punk, hat für mich plötzlich viel mehr Sinn gemacht. Auf einfache Art und Weise die Energie hinauszulassen, mit der Gitarre. Dass man es ar nicht so kompliziert machen muss. Aber im Nachhinein stand schon auch der Gedanke dahinter, dass ich einen anderen Weg nehmen muss, damit ich nicht ewig hintendrein bin. Das war sehr prägend.

Du warst zehn Jahre alt, Christoph, als Punk in die New Wave überging, aber bereits im Fahrwasser von Jazz und Improvisation. Hat dich das überhaupt berührt?
CHRISTOPH Punk ganz ein bisschen schon auch. Was wir viel gehört haben, war Mundartrock. Vor allem Frostschutz. Ich habe auch meine eigenen Lieder geschrieben.

Was waren die ersten Platten, die ihr selber gekauft habt?
SIMON Ich bin, glaub ich, auf Elvis Presley abgefahren …

CHRISTOPH Ja, und ich habe das sehr komisch gefunden. Hat mir nie gefallen.

SIMON Ich hatte nicht viel Ahnung, was sonst so herum war. Ein bisschen die Platten meines Bruders.

CHRISTOPH Zum Beispiel hast du mal die Hardrock-Phase von mir übernommen, AC/DC …

SIMON Aber nichts Elektronisches. Mit 16 im Gymi haben einzelne ein bisschen House gehört, die ersten Raves, man fand: Was, das gibt es überhaupt? In der Zeit habe ich für mich Punk und Hardcore gefunden. Gemerkt: Es gibt so viel. Vorher, es ist mir ein Rätsel, wie wenig Zugang wir hatten. Auf dem Land draussen, man hat nicht die richtigen Zeitschriften, und am Radio lief auch nur Blödsinn.

CHRISTOPH Für mich war es schon das Mundart-Ding, da hatte ich viele Sachen. Vorher noch Mani Matter, die eine Platte haben wir zu Tode gehört. Weiss noch, ganz früh habe ich eine Platte von Urs Blöchlinger gekauft, weil Chrigel Rentsch etwas in der Zeitung geschrieben hatte. Am Anfang habe ich die Musik mega komisch gefunden, später dann schon interessant. Es war, glaub ich, wichtig, dass ich die Platte hatte vor allem anderen, vor Charlie Parker und so.

War es wichtig zu sehen, dass ein Schweizer so eine Platte machen konnte?
CHRISTOPH Ja. Meine erste Platte war wohl sowas wie AC/DC. Wahrscheinlich High Voltage.

Der eine 18, der andere 14, tatsächlich ein grosser Graben. Hat es einen Moment gegeben, wo ihr angefangen habt, euch über Musik auszutauschen?
SIMON Sehr lang nicht. Es gab einen kurzen Moment, wo ich die Band hatte mit Nik und Kaspar, da bist du auch ein paar Mal mit-jammen gekommen. Danach Jahre nicht. Wir sahen uns auch nicht regelmässig, obwohl wir beide in Zürich lebten. Wir waren musikalisch an ganz anderen Orten.

CHRISTOPH Es war die Zeit, wo ich gar nicht so viel Jazz machte, sondern vor allem freie Musik und Elektronik mit einem Neuro-Modulator. Eigentlich hätten wir sogar ähnliche Sachen gemacht. Ich war sehr stark im Elektronischen drin, orientierte mich viel an Sachen wie Aphex Twin. Das war etwas später, Ende der 90er-Jahre.

SIMON 1994 habe ich mit Hörexperimenten bei Radio LoRa angefangen. Es gab – und gibt – dort ein offenes Format für Klangexperimente aller Art. Sonntagabend um 21 Uhr. Für mich ist in der Zeit extrem viel passiert. Ich habe angefangen, Tonbänder zu schneiden, mit Atari Musik zu machen, Live-Radioexperimente, vom Mischpult aus Zeugs zusammenzumischen. Auch die Zeit, wo ich in London die Jungle und Drum’n’Bass-Tür aufstiess. Das hat mich komplett hineingenommen in die Electronics. Ich bin über die Experimente zur Elektronik gekommen, quasi von der Neuen Musik der 50er- und 60er-Jahre, wo es um Klangexperimente ging, das waren die Einflüsse für die Radiosachen. Das Tonband als Instrument. Ziemlich bald kommt man dann auf Effektgeräte. Über Dub dann natürlich zum Mischpult. Das Mischpult steht noch immer im Mittelpunkt.

CHRISTOPH Interessant! Ich bin immer über das Instrumentale zur Elektronik gekommen. Im Gegensatz zu Simon, der oft allein war, immer auch in Bands. Wir sind zusammengekommen, haben gespielt, und jeder hatte seine Apparätli dabei und hat geforscht, wie können wir uns connecten.

SIMON Und wir: Wie kannst du mit Elektronik-Tracks konstruieren in einem Klub-Kontext. Die Bunte Welt der Zimmerpflanzen, das war ein Drum’n’Bass-Duo, das hat mit Samples Tracks gespielt. Fragmente, mit denen man Tracks gebaut hat.

CHRISTOPH Lustigerweise – dort hat Simon mich inspiriert – habe ich irgendwann angefangen, nachdem ich schon längere Zeit mit Elektronik gearbeitet hatte, irgendwelche Gerätli, zum Beipsiel alte Casio-Keyboards, aufzumachen, darin herumzulöten und zu versuchen, daraus Klangmaschinen zu machen. Einmal hatte ich sogar eine Band, Toy Band, da haben drei Leute auf meinen Maschinen herumgespielt. Ich habe noch drei Kisten, grosse, mit den Maschinen. Das ist sicher eine Inspiration von Simon gewesen.

Wie hast du den Sprung von Elvis zur Elektronik gemacht?
SIMON Elvis war Kinderding, dann Pubertät, dann richtet man sich anders aus. Relativ schnell war das, nach 12, 13. Ich glaube mit 15 kam das Jugendhaus. Ironischerweise war ich 1989/90 für ein Austauschjahr in Detroit. Die Familie lebte in der Agglomeration. Im Nachhinein erfuhr ich, dass zu dem Zeitpunkt in Detroit diese ganze Technogeschichte stieg! Ich hatte davon gehört, durfte aber nicht in die Stadt hinein gehen. Zu gefährlich, too black.

Interessant, ihr beide habt nicht akzeptiert, dass die Beschränkungen normaler Instrumente die Grenzen des Musikschaffens markieren.
CHRISTOPH Die Lust am Ausbrechen, Anderes-Suchen, war bei mir von Anfang an da, sogar schon vor der Elektronik. Ich habe viel 12-Ton-Komposition und Improvisation zusammengebracht. Die Band hiess Nadelöhr, später Koi. Wir haben viel experimentiert, weg vom Normalen. Das hat schon angefangen während der Jazz-Schule.

Habt ihr den Rebelliergeist von den Eltern geerbt?
SIMON Ich habe das Gefühl, auch wenn sie in den 50ern/60ern gross geworden sind, dass sie nicht sehr rebellisch waren. Sie haben auch nicht teilgenommen an den Bewegungen der Zeit. Allenfalls haben sie etwas aus den neueren Formen von Pädagogik mitgenommen. Antiautoritäre Erziehung ist ein bisschen hereingeflossen, aber nicht explizit. Die Mutter war Sachbearbeiterin, sehr viel daheim, der Vater in der Aromenforschung. Givaudan. Lebensmittelaromen.

CHRISTOPH Das war sicher etwas – er hat das Forscher-Gen weitergegeben!

SIMON Und von der Mutter haben wir eher das Community-Gefühl, das Bedürfnis fürs Zusammensein, geerbt.

Zwischen euch hat es dann doch noch Phasen gegeben, wo ihr euch mehr ausgetauscht habt über Musik, vielleicht sogar zusammen eine Band gehabt habt?
SIMON Wir haben zusammengespielt, aber sehr selten. Das war auch immer sehr cool. Aber eine Band hatten wir nie. Ein Brüder-Duo gibt es vielleicht einmal noch.

Bei dir, Simon, steht auf der Homepage als erstes der Satz: «Celebration of the Error.» Was hältst du, davon, Christoph?
CHRISTOPH Also, wenn ich es auf meine elektronischen Sachen und Erfahrungen beziehe, ist es etwas, was ich total verstehe. Mit meinen Geräten habe ich ja versucht, Errors herbeizuführen, instabile Zustände und so. In der experimentellen Elektronik geht es oft darum. Im Jazz sagt man oft: Es gibt keine Fehler. In dem Sinn ist das ähnlich. Man kann das machen, was man für richtig hält. Aber das Rezept «Celebration of the Error» würde ich auf den Jazz jetzt nicht so direkt anwenden. Eher: Sei dich selber, und das ist gut so.

SIMON Das ist damit natürlich auch gemeint. Es geht nicht darum, Fehler zu suchen und dann in den Mittelpunkt zu rücken. Sondern darum, die Technik zu nehmen als offenes Instrument, mit dem man machen kann, was man will, gestalten was man will. Das ist eine sehr ähnliche Aussage wie Christoph sie gerade gemacht hat. «Celebration of the Error» ist das Befreien vom Maschinendenken als geschlossenem Zustand, als etwas, was man auf bestimmte Art brauchen muss, mischen muss. Gewisse Tontechniker würden mir an die Gurgel gehen wegen gewissen Sachen. Aber die Konventionen zu brechen, bringt neue Impulse.

In meiner Generation heisst es oft: Heute kommt alles aus dem Computer, das ist doch keine Musik mehr. Eure Generation und erst recht diejenigen nach euch haben sich daran gewöhnt, den Computer vollkommen akzeptiert, oder?
SIMON Es gibt eine 100-jährige Tradition von Noise, die auf die Futuristen zurückgeht. Die Futuristen machten Lärminstrumente, die urbane Sound-Environments nachmachten. Sie haben die Industrialisierung hörbar gemacht. Das ist allerdings lang nicht beachtet worden oder im Elitären hängengeblieben. Das änderte sich mit der elektronischen Musik anfangs der 70er-Jahre. Wir sind gross geworden mit dem Synthi.

CHRISTOPH Nach meiner ersten elektronische Phase haben mich Sachen, die ein Synthi nie machen kann, viel mehr zu interessieren begonnen. Jedes Instrument mit einem Menschen dahinter kann 1000-mal vielfältiger und subtiler klingen kann als jeder Synthi. Aber das Bewusstsein von Klang, das ich bei der elektronischen Musik erfahren habe, trage ich jetzt noch mit.

Wann seid ihr ins Profi-Lager umgestiegen?
SIMON Ich hatte einen Laienzugang. Habe Soziologie und Pädagogik studiert und neben dem Studium ein Tonstudio eingerichtet. Als dieses funktionstüchtig war, haben wir mit Theaterproduktionen und Performances und Film angefangen. Weil wir Geld verdienen mussten, ging es automatisch von null auf hundert. Von Anfang an war das professionell aufgesetzt. Das war 1996. Das Studio heisst Ganzerplatz, es gibt’s jetzt noch. Momentan haben wir zwei separate Studios. Vorher waren wir zu dritt. Jetzt arbeiten wir unabhängig voneinander, aber immer noch unter einem Dach. Mein Studiopartner macht vor allem Film-Postproduktion. Ich habe mich dann mal von Auftragsarbeiten verabschiedet, vor allem Werbung. In den 90er-Jahren war das gut finanziert. Dann hatte ich einen Einschnitt mit einem Autounfall. Ich überlegte: Was will ich mit meinem Leben machen? Nicht Werbung! Filmmusik habe ich lang weniger gemacht, jetzt wieder ein bisschen. Heute werde ich angefragt wegen der Musik, was ich damit machen will, nicht wegen Auftragsarbeiten.

CHRISTOPH Schon im Gymi hätte ich Lust gehabt, professionell zu arbeiten. Ich liess mich aber dazu drängen, ein Lehrerstudium zu machen. Nach einem Jahr bin ich ausgestiegen und nach Bern an die Jazz-Schule gegangen. Nach dem Studium hat es dann auch funktioniert, ein bisschen unterrichten, möglichst viel spielen, der übliche Mix in der Schweiz.

Simon, du arbeitest oft mit Musikerinnen und Musikern aus anderen, nicht zuletzt afrikanischen Ländern. Wie ist es zu dieser «Globalisierung» gekommen?
SIMON Ende 90er kam ein Sänger aus der Côte d’Ivoire, Math Doly, ins Studio und fand, er möchte gern etwas aufnehmen. Alles ging sehr langsam, aber irgendeinmal haben wir es dann gepackt und ein Album aufgenommen. Damit sind wir an die Côte d’Ivoire gegangen und haben es promotet. Von da an war ich die ganze Zeit, vor allem im Winter, immer wieder in Westafrika. Zuerst mit Math Doly an der Côte D’Ivoire, wo ich in Abidjan zum ersten Mal urbane elektronische Musik hörte. Später ging ich mit einer Theatergruppe nach Ouagadougou, wo ich die lokale Hip-Hop-Szene kennenlernte. Ouagadougou war schon immer ein Schmelztiegel von verschiedenen afrikanischen Musikerinnen und Musikern. So kam der Zugang zu urbaner Musik vom afrikanischen Kontinent. Sehr früh habe ich so Kuduro aus Angola entdeckt.

Ich bin ein Digger, grabe ständig nach Musik. So habe ich mit anderen Zürchern und Zürcherinnen das Kollektiv Motherland gegründet (Anm. Auf der Homepage beschreibt es sich so: «Motherland ist ein Kollektiv, das urbane Sounds und Lebenswelten aus afrikanischen Metropolen sowie afrikanisch geprägte Sounds und Lebenswelten aus der ganzen Welt in der Stadt Zürich präsentiert.») und bin bei Norient eingestiegen (Network for local and global sounds and media culture).

 

Herzlichen Dank für Gespräch, Gipfeli und Kaffee!

Matthias & Andreas Tschopp

Matthias, 1983, Baritonsax
Andreas, 1979, Posaune

Selfies: zVg

Hanspeter Künzler: Wie seid ihr aufgewachsen?
ANDREAS Musik war im Haushalt nicht so riesig präsent. Die Eltern haben zwar Instrumente gespielt, aber sehr unregelmässig. Die Mutter etwas Flöte, der Vater etwas Klavier.

Andreas, wie bist du auf die Posaune gekommen?
ANDREAS Ganz genau weiss ich es nicht mehr. Anscheinend, gemäss Mutter, als wir noch in Zürich wohnten, da war ich 5, 6, sind wir an ein Dixieland-Konzert herangelaufen, irgendwo, open air, seit dann hätte ich gesagt, ich wolle Posaune lernen. Irgendwie war ich beeindruckt, ohne dass ich noch weiss, warum. In Rapperswil, wo wir dann hingezogen sind, gab es gar keinen Posaunenlehrer. Und weil der Wunsch halt blieb und intensiv war, hat die Musikschule einen Posaunenlehrer eingestellt, bei dem ich jahrelang der einzige Schüler war. Ich habe das Gefühl, es hat mit dem Klang zu tun, er ist so formbar, nahe bei der Stimme. Man kann mega viel mit dem Timbre spielen. Als Teenie habe ich angefangen, in Bands zu spielen. Als ich überlegte, ein Musikstudium zu machen, habe ich zuerst aufs Konservatorium und klassisch tendiert. Nach der Matur bin ich im Sommer acht Wochen nach Kalifornien gegangen und habe mich nur so aus Neugier für einen Kurs in Berkeley eingeschrieben. Das war super, und so habe ich den ganzen Plan geändert. Es war mega cool, in die Welt von Improv und Jazz einzutauchen – die Freiheit zu spüren, was man auf dem Instrument machen kann.

Bei dir, Matthias, steht als erster Satz auf der Homepage: It is widely known that baritone saxophone is the most beautiful of all instruments. Wie war der Werdegang bei dir?
MATTHIAS In der 5. oder 6. Klasse hatte ich zuerst Klavierunterricht. Dann habe ich es mit dem Lehrer nicht mehr so gut gekonnt und in der Klasse hatte es einen, der Sax spielte, den fand ich sehr cool, so hatte ich dann entweder Sax oder E-Gitarre auf der Liste. Es waren die 90er-Jahre, da herrschte fürs Sax eine regelrechte Hausse. Wir hatten Schüler-Ensembles und dort hatte es immer relativ viele Sax-Spieler, und nachher in der Kanti sogar mehr als genug. Heute nicht mehr so. In meiner Erinnerung gab es damals in jedem zweiten Song entweder ein Sax- oder ein E-Gitarrensolo. Heute ist das gar nicht mehr so. Man findet kaum mehr ein Sax in der Hitparade.

Woher das Interesse an Jazz?
MATTHIAS Jazz war damals viel präsenter im Alltag. Das kam auch von Andreas. Aber wir waren auch immer etwas zeitverschoben. Wenn ich in ein neues Schulhaus kam, war er gerade weitergezogen. Aber ich kann mich erinnern, am Abend, wenn ich ins Bett musste, da hörte ich ihn nebenan Posaune üben. Die Zeit in der Kanti-Bigband in Wattwil habe ich sehr prägend gefunden. Als ich dort anfing, war Andreas schon abgegangen. Er hat mich mit spannender Musik versorgt, arbeitete auch eine Zeitlang im Musik Hug. Seine CDs habe ich dann für mich auf Mini-Discs kopiert. Das Gymi Wattwil hatte ein grosses Einzugsgebiet von Wil bis Rapperswil. Mit den vielen Schülerinnen und Schülern war es möglich, ein fantastisches Orchester und eine Big Band zu führen. Musikalisch ist dort sehr viel gelaufen, und läuft immer noch.

Abseits von einem Zentrum wie Zürich oder gar London, seid ihr da vielleicht ein bisschen freier gewesen von den Trendzwängen, denen man dort ausgesetzt ist?
ANDREAS Das könnte schon sein, ja. Es ging mehr um die Gemeinschaft der Leute, die man dort getroffen hat, und um den Austausch. Ausseneinflüsse waren daher weniger wichtig, habe ich im Nachhinein das Gefühl.

War es für dich von Anfang an das Baritonsax?
MATTHIAS Nein, am Anfang habe ich Alt-Sax gespielt. Aber in der Kanti-Band waren alle Plätze schon besetzt, so musste ich «unten» anfangen. Im ersten Jahr an der Jazz-Schule habe ich dann gewechselt, weil ich merkte, dass es mir viel mehr Spass machte. Lange hatte ich geglaubt, dass das Instrument für mich vom Gewicht her zu schwer sei. Durch das Herumschleppen hatte ich tatsächlich Rückenprobleme, aber das hat sich dann irgendwie gelegt. Sowieso, zu Hause habe ich fast nie Alt-Sax gehört, immer nur Tenor-Sax. Aber ich hatte keine Lust, das zu spielen. In meinen Augen war das immer mit einer Art Macho-Gehabe verbunden, das hat mich überhaupt nicht angesprochen. Heute spiele ich sehr gern Tenor. Andererseits wusste ich beim Alt-Sax nie recht, wohin ich mit dem Sound gehen sollte. Mein Bruder hat mich auf die Spur gebracht: Als ich ihm wieder einmal meine Soundkrise schilderte, hat er gesagt, warum nicht Bari-Sax? Das sei doch so geil, und niemand mache es? Ich bin in die Mediathek gegangen und habe alle Bari-Sax-CDs zusammengetragen, die es dort hatte, etwa zehn, und habe sie daheim alle toll gefunden. Daraufhin habe ich sofort gewechselt. Und war damit auch mit Alt-Sax wieder im Frieden.

Welches waren die ersten Sax-Sachen, die du als 12-Jähriger geschätzt hast?
MATTHIAS Maceo (Parker) und so. Andreas war 16, hatte eine Funkband, sie spielten Sachen in dem Stil, Parliament auch, dazu eigene Stücke. Wir Kleinen fanden das natürlich sehr cool, dass der Bruder so eine Band hatte, und haben auch diese Musik gehört. Mit 16, 17 habe ich dann sehr viel Miles gehört, Coltrane, Cannonball. In dem Zeitraum habe ich ein Austauschjahr gemacht, in Guatemala. Dort war musikalische Wüste, gar niemand war da, mit dem ich mich hätte austauschen können – ausser einem deutschen Austauschschüler, den ich zum Glück jedes Wochenende treffen konnte. Über ihn habe ich guatemaltekische Musiker kennengelernt, mit denen haben wir jedes Wochenende Musik gemacht. Der hatte etwa 15 Kopien aus der Real Book-Serie (von Hal Leonard) dabei, und die Stücke haben wir hinauf und hinunter gespielt. Ich selber hatte 20 Minidiscs dabei. Gerade letzthin habe ich mich wieder daran erinnert. John Coltrane, The Night With a Thousand Eyes, das habe ich etwa hundert Mal gehört. In der Zeit in Guatemala habe ich aus purer Langeweile endlos geübt. Ich kam dort an, und nach einem Monat hatte die Schule drei Monate Ferien. In der Gastfamilie gab es sechs Geschwister, die sassen alle den ganzen Tag vor dem TV. Ich war dann halt im Zimmer und habe gespielt. Es gab schon Momente, wo ich staunte, dass sie nicht sagten: Hör endlich auf!

Haben die Eltern nicht protestiert, als es sich abzeichnete, dass ihr auf eine Zukunft in einem brotlosen Job, nämlich eben Bari-Sax und Posaune, zusteuert?
ANDREAS Im Gegenteil. Unser Job war ja noch normal. Der dritte Bruder macht komische Sachen, der ist Paläontologe. Die Eltern haben uns stark unterstützt. Der Vater war schon sehr musikaffin. Er hat vielleicht nicht so viel selber gespielt, aber viel Musik gehört. Sie haben es sehr unterstützt, dass wir Instrumente lernten. Eine Zeitlang hat jeder von uns zwei verschiedene Instrumente gelernt. Sie müssen unglaublich viel Geld darauf verwendet haben.

MATTHIAS Und uns auch an jede Probe gefahren! Wir waren die grössten Beitragszahler an unserer Musikschule. Ich glaube, Emanuel hat eine Zeitlang sogar drei Instrumente gespielt. Gewisse Stunden haben sie uns schon gar nicht mehr verrechnet. Auch unsere Mutter, sie war Kindergärtnerin, war sehr musisch und kreativ. Wir durften viele Hobbies haben. Musik und Pfadi sind geblieben. Meine besten Freunde waren fast alle in der Pfadi und haben Musik gemacht.

Habt ihr als Brüder schon zusammengespielt?
MATTHIAS In der Kanti-Big Band zum ersten Mal eigentlich. Du warst schon weg, aber ab und zu bist du aushelfen gekommen, weil sie zu wenig Posaunen hatten.

ANDREAS Das war relativ spät, da war ich 20. 4 ½ Jahre Altersunterschied zu dem Zeitpunkt ist halt schon recht viel. Schon vom unterschiedlichen technischen Niveau her.

Wann kam die erste gemeinsame Band?
ANDREAS Wir kamen immer wieder zusammen, auch professionell dann. Das erste Projekt als kleine Band war das Trio mit Rainer Tempel, dem langjährigen Leiter vom Zurich Jazz Orchestra, ein Pianist und Komponist, der hat die Band zusammengestellt. Sie hiess Ersatzbrüder. Er hatte zwei Brüder, älter und jünger, die waren nicht Musiker, und bei uns war es genau umgekehrt. Daher der Name. Er hat aber das ganze Repertoire durchkomponiert. Es gab viel zum Lesen.

Im Text zur Band Sparks and Tides auf Bandcamp heisst es, das sei eine Band, die Yin und Yang vereine. Da drängt sich natürlich die Frage auf – seid ihr Yin und Yang?
MATTHIAS Es gibt schon Bereiche, wo wir uns so ergänzen. Aber in sehr vielen Bereichen ticken wir sehr ähnlich. Es gibt vielleicht Sachen, die der eine besser kann, und Sachen, die der andere besser kann. Aber ich glaube, wenn wir nicht sehr viele ähnliche Interessen und Gemeinsamkeiten hätten, hätten wir keine Band zusammen gemacht. Wir sind zusammengehockt und haben überlegt, in welche Richtung der Sound, die Leute gehen sollten, und sind uns sehr schnell einig geworden. Wenn unsere Interessen zu unterschiedlich wären oder zu gegensätzlich, hätten wir weiterhin beide separate Bands gehabt.

Bei Diskussionen kommt nicht dann und wann Familienballast dazwischen?
ANDREAS Ich würde nicht sagen. Man merkt, dass die Ausgangslage schon recht ähnlich ist, wo wir Zugang finden und wo eher nicht. Ich habe es noch nie als verkomplizierend empfunden.

Das Zeichen eines positiven, konstruktiven Familienlebens?
MATTHIAS Das haben wir schon sehr gehabt. Es war ein sehr zufriedenes, positives Umfeld Nicht nur die Familie, sondern auch unsere Peer Group und das musikalische Umfeld. Kompetitive Haltungen, die ins Negative tendierten, habe ich erst im Studium ein bisschen gesehen.

Wetteifern, dass Andreas im Porsche daherkommt und du neidisch bist, sowas ist nie passiert?
BEIDE: (lachen vergnügt)

MATTHIAS Nein, ich mag Andreas seinen Porsche total gönnen. Ich habe dafür meinen Camper, es ist alles in Ordnung, haha! Etwas anderes noch zu Yin und Yang, wir reden jetzt ja vom Bandnamen. Ich bin vielleicht eher der, der im Moment vor Ideen sprudelt, und Andreas mehr der, der etwas länger studiert. Ich mache grad blablabla, er wartet 5 Sekunden und kommt dann vielleicht mit etwas, das etwas mehr Bestand hat. Beim Komponieren finde ich das sehr bereichernd. Sparks, das flackernde Elektronische, und Tides, die weiten Bögen und akustischen Gezeiten, darum geht es in dem Namen auch. In dem Sinn ist es schon Yin und Yang. Charaktereigenheiten, aus denen wir versuchen, möglichst Synergien zusammenzubringen, dass jeder aus seiner besten Zone heraus agieren und sich einbringen kann.

Hat sich eure Zielsetzung oder Motivation oder Interessensrichtung in den letzten fünfzehn Jahren verändert oder ist das, was ihr jetzt macht, die Verwirklichung von etwas, was ihr schon immer gewollt habt?
ANDREAS Etwas von beidem. Es ist in dem Sinn Verwirklichung, als ich es immer schon faszinierend fand, wenn Leute, die eigene Projekte umsetzen, die eigene musikalische Vision so entwickeln, dass sie auf die Bühne kommen und von anderen Musikern mitgestaltet werden kann. Eine Art musikalischer Motor sein und nicht «nur», sagen wir, Musik zu interpretieren von anderen. Ich habe spät angefangen damit, vorher viel mitgespielt, aber erst später eigene Sachen geschrieben. Ich habe es immer gewollt, aber erst kurz nach 30 angefangen, das umzusetzen. Jetzt geht es immer mehr in die Breite und die Tiefe. Es interessieren mich unterschiedliche Projekte mit unterschiedlichen Klanglichkeiten. Immer etwas, was aus einer gewissen Konstanz der Beschäftigung herauswächst. Wir haben nicht die Welt neu erfunden oder über den Haufen geworfen. Aber man braucht das ja, das Gefühl von Neuentdecken – dass man dieses kultivieren kann.

Ein Quintett mit zwei Posaunen und Gamelan-Einflüssen (die Band Andreas Tschopp Bubaran) ist ja auch nicht unbedingt etwas, was einem sofort einfällt.
ANDREAS Genau, mich interessieren so unterschiedliche Klangwelten. Gamelan finde ich extrem faszinierend. Und die Band habe ich gegründet, um eine Möglichkeit zu haben, Elemente von diesen anderen Klanglichkeiten, von anderen Stimmungen über andere Arten von Intervallen, irgendwie in mein musikalisches Leben zu integrieren. Meine Projekte gehen immer sehr stark über den Klang. Sparks and Tides sind auch so entstanden, eigentlich. Die Frage war: Wie soll die gemeinsame Band tönen? Akustisch? Elektronisch? Ein Mix? Welche Instrumente? Wer hat so einen Sound, wie wir hier hören.

Wie steht es bei dir mit Zielsetzung und Motivation, Matthias?
MATTHIAS Bei mir ist es schon immer der Drang, die Kreativität irgendwo herauszulassen, etwas auf die Beine zu stellen, das hat sich in verschiedensten Projekten immer wieder gezeigt. Das erste grössere Projekt war das Miró-Projekt. Später auch andere Sachen, bis dann der Punkt kam, wo ich dachte: Ich möchte eigentlich lieber mal etwas machen, wo ich nicht allein bin. Bei den vorherigen Bands musste ich immer alles allein reissen. Ich fand: Wenn neue Projekte, dann nur noch mit Leuten, mit denen es mega Spass macht, nur schon zusammenzuhocken. Das war auch der Antrieb, sich mit Andreas hinzusetzen und zu schauen, können wir etwas machen?

Bei welchen Projekten seid ihr heute involviert?
ANDREAS Sparks and Tides, das gemeinsame Ding, damit sind wir momentan immer aktiv. Zum Spielen geht es ein paar Monate, bis wir wieder Sachen haben, aber der kreative Prozess ist immer am Laufen. Sonst: mit meiner südafrikanisch-schweizerischen Band Skyjack, die gibt es nun auch schon seit 10 Jahren, in einer Woche erscheint das dritte Album, im Februar sind wir auf Tour in Deutschland und der Schweiz, im Mai in Südafrika. In der Band kommen die beiden Kontinente zusammen. Es ist das erste Album, wo ich Kudu-Horn spiele. Das ist ein Antilopenhorn, ein traditionelles Instrument für Signale eigentlich, man kann nur 2, 3 Tonhöhen spielen. Ich habe sechs gekauft und bei einigen Fingerlöcher gebohrt, so dass ich Riffs spielen kann. Es ist eine neue Klangquelle, die mir Spass macht. Das – und dann von den eigenen Sachen ist das Vertigo Trombone Quartet, auch ein Kollektiv mit drei Posaunen und einer Bassposaune. Ein Album ist fertig, im Herbst sind wir auf Tour. Hier komponieren alle beteiligten Musiker eigene Stücke. Und eine weitere Band, die es seit Ewigkeiten gibt, seit 15 Jahren, Le Rex. Vier Bläser und Schlagzeug. Einen Tag pro Woche arbeite ich auch noch an der Luzerner Musikhochschule.

MATTHIAS Sparks and Tides! Dann ist aus dem multimedialen Trio mit Elena Morena Weber und Jürg Zimmermann das Duo It’s Me? mit Jürg entstanden, wo wir beide auch Modularsynthesizer spielen. Mit meinem Quartet würde ich sehr gern wieder einmal etwas machen, habe aber keine Zeit. Letztes Jahr ein Konzert, nachdem wir vier Jahre nicht mehr gespielt hatten … (Miró-Projekt, auf Anfrage von Paul Klee-Zentrum in Bern …). Ich unterrichte zwei Tage an der Musikschule Zug.

Fällt euch noch etwas anderes ein über das brüderliche Musikschaffen?
ANDREAS Wir werden oft miteinander verwechselt …

MATTHIAS Ich habe sogar mal einen Posaunen-Job angeboten bekommen in einer Big Band …

Laura & Luzius Schuler

Laura, 1987, Geige
Luzius, 1989, Klavier

Hanspeter Künzler: Ihr habt bald ein Konzert zusammen. Anfang März. Der Anfang eines neuen Projektes?
LUZIUS Das Konzert ist in Poschiavo, Puschlav, in einer Kirche. Laura war viel dort in letzter Zeit und wir haben mal gefunden es wäre spannend mit Orgel und Geige in einer Kirche etwas zu machen. Es hat sich angeboten. Die Kirche wird kaum genutzt, und es hat sich herausgestellt, dass es megaspannend ist, dort zu arbeiten. Wir haben uns zweimal dort getroffen ein paar Tage und haben improvisierend etwas Neues entdeckt für uns. In einem so riesigen Raum zu spielen mit einem so riesigen Instrument, der Orgel, das ist spannend.

Wir haben einen Prozess angefangen, machten uns viele Gedanken, dass wir nicht komponieren wollten, weil es etwas wegnehmen würde vom Direkten, das es hat, wenn man zusammen interagiert, und dass wir uns auch direkt auf den Klang einlassen oder eingreifen. Dann haben wir quasi Improvisationen zu üben begonnen und daraus sind dann eine Art Stücke geworden. Jetzt geht’s daran, sie aufzunehmen. Das passiert dann in dieser Märzwoche, wo wir auch gleich noch ein Konzert spielen. Es ist eine Zusammenarbeit von uns zu zweit, die wir jetzt zum ersten Mal so machen. Wir hatten relativ lang eine Band noch mit einer Bassistin, das ist nun aber etwas eingeschlafen.

LAURA Wir haben nie gesagt, wir hören auf. Es gab einfach andere Prioritäten.

Als Geschwister Musik zu machen – ist das irgendwie anders als mit anderen Leuten, mit denen man vielleicht 2, 3 Jahre in einer Band gewesen ist?
LAURA So wie ich es erlebt habe – wahrscheinlich ist es bei allen Geschwistern anders –, würde ich sagen, war es am Anfang fast ein bisschen hinderlich. Natürlich waren wir uns sehr vertraut, aber es waren viele Geschwisterdynamiken da, die manchmal hinderlich sein können. Aber in den guten Momenten kann es sehr toll sein. Im Moment haben wir eigentlich nur noch gute Momente. Wir sind älter geworden, haben unsere Hörner abgestossen und gewisse Ego-Sachen hinter uns lassen können.

LUZIUS Ich sehe es ähnlich. Wir haben beide so viele Projekte hinter uns, Bands sind gekommen und gegangen, wir haben sehr viel Erfahrung gesammelt, haben gemerkt, es sind zwischenmenschliche Komponenten, die man aufs Geschwistersein anwenden kann. Dort habe ich gemerkt, dass es sich lohnt, Sachen anzusprechen. Wenn man merkt, etwas ist im Raum, das uns daran hindert, ganz befreit Musik zu machen, ist es wichtig, dass man die Sachen anspricht. Oder dass man ein Umfeld schafft, wo das Zwischenmenschliche die Musik wie tangiert. Dann habe ich das Gefühl, dass sich enge persönliche Beziehungen sehr befruchtend und positiv auswirken können auf den kreativen Prozess.

LAURA Ich glaube auch, die Komponente bei uns, wir sind halt viele Jahre mit der gleichen Musik aufgewachsen…

 

Und das war?
LAURA Grob gefasst, Frühbarock-Renaissance-Musik und osteuropäische Volksmusik.

Die Eltern haben das gespielt? Und der Vater hat auch noch die Instrumente gebaut, wenn ich richtig gelesen habe.
LAURA Genau. So haben wir einen Common Ground, wenn wir improvisieren. Wir versuchen uns sicher auch zu emanzipieren. Wie Luzi schon gesagt hat, wir wollen für dieses neue Projekt wie eine neue Musik entwickeln. Vielleicht besteht auch die Gefahr, dass man in Klischees verfällt, wenn man zu viel gemeinsamen Background hat. Aber es ist auf jeden Fall schon mal ein gutes Fundament.

Wie alt wart ihr, als ihr zum ersten Mal zusammengespielt habt?
LAURA Als Kind, von Anfang an.

Wann hast du mit der Geige angefangen?
LAURA Ich war sieben.

Und du, Luzius?
LUZIUS Wohl auch so in dem Alter. Sieben oder acht, sowas. Klavier. Als Kinder haben wir vielleicht schon ab und zu Musik gemacht. Aber dann gab es glaub ich eine eher schwierige Zeit. Ich fing mit dem Berufsstudium an, da ist man extrem mit sich selber beschäftigt. Ich für mich hatte meinen eigenen Struggle zwischen Ehrgeiz und dem Gefühl, nicht gut genug zu sein. Das hat relativ lang gebraucht. So macht man das Studium, dann die ersten professionellen Erfahrungen.

Es hat dann wieder relativ lang gedauert, bis ich mich darauf einlassen konnte, im familiären Kontext mit Laura Musik zu machen. Ich habe das Gefühl, dass es zum ersten Mal mit der Band Esche richtig passierte, dass wir uns dort als musikalische Individuen und Persönlichkeiten begegnen konnten. Vorher hat es sich wie nicht ergeben, weil Laura relativ lang im Ausland war, ihren Master gemacht hat und mit der Szene verlinkt war. Und ich hatte meine eigenen Sachen. Es war ein relativ langer Bogen bis zu diesem Punkt.

Mit dem Trio Esche, war die Bassistin Lisa Hoppe so etwas wie eine Schiedsrichterin oder eine Brücke zwischen euch?
LAURA Hmmm. In gewissen Situationen ja, manchmal war es auch Luzi, manchmal auch ich. Wir hatten eine relativ ausgeglichene Dreierdynamik. Wir sagten jeweils: Es gibt die Geschwisterfront, die Frauenfront und die Rhythm-Section-Front. Das konnte recht dynamisch wechseln. Und, ja, wenn ich an Esche denke, das, was Luzius und ich jetzt machen, uns zusammen Zeit nehmen, um zusammen die Musik zu entwickeln, auch kompositorisch, das hätte ich mir immer ein bisschen gewünscht für Esche.

Das Eintauchen. Das wünsche ich mir heute eigentlich für alle Bands, aber es ist halt nicht immer realistisch. Es ist toll, wenn man Zeit hat und nicht jeder im Stüblein sich etwas ausdenkt. Sowas kommt für mich musikalisch nie so an die Kraft heran wie etwas, das man als Kollektiv entwickelt hat. Dass ich die Band ein bisschen losgelassen habe, Esche, hing wohl ein bisschen damit zusammen, dass es musikalisch nicht mehr so erfüllend war – ausser wir haben improvisiert. Improvisieren hat immer gut funktioniert.

Bei deinen Kompositionen, wie ich den diversen Bandcamp-Texten zu entnehmen können glaube, nimmt Improvisation eine wichtige Position ein. Ich nehme an, dass genau dies der Grund dafür ist: dass man Platz hat, sich zusammenzufinden.
LAURA Genau. Bei meinem Quartett ist das sehr stark der Fall.

In einem Interview mit dir habe ich gelesen, dass du so mit 15 die Geige sattgehabt hättest und dann im Jugendklub auf andere Sachen gestossen seist, nicht zuletzt die Improvisation.
LAURA Das ist schon so. Wir haben eine Band gegründet, mit osteuropäischer Volksmusik angefangen und dann auch eigene Stücke gemacht. Danach hatte ich eine Phase, wo ich viel gereist bin. Ich habe eine Gitarre gekauft und bin nach Südamerika gegangen, habe auch Djembe gespielt und spanische Songtexte geschrieben. Ich glaube, wenn ich damals nicht angefangen hätte, Jazz zu studieren, wäre ich nicht da gelandet, wo ich jetzt bin.

Hattest du irgendwelche Vorbilder an der Jazz-Geige?
LAURA Ich habe das Studium sehr ernst genommen. Eigentlich habe ich erst während des Studiums wirklich angefangen, Jazz zu hören. Ich habe das sehr stark über mich selber gestellt. Heute höre ich sehr gern Coltrane oder so, spüre die Energie immer noch total, aber es ist nicht das, was mich ausmacht. Aber das ist eine andere Diskussion, das Dafür und Dawider vom Musikstudium. Ich würde sagen, wenn das Studium breiter gefasst gewesen wäre, hätte ich mir ein paar Umwege ersparen können. Aber vielleicht stimmt das auch gar nicht. Jetzt bin ich einfach da, wo ich bin.

Luzius, hattest du eine ähnliche Phase mit dem Klavier, quasi eine Punkphase?
LUZIUS Wahrscheinlich weniger. Wobei es bei mir die Phase gab, wo ich in die alternative Jugendkultur in Langenthal eingetaucht bin, zwischen 15 und 19. Ich bin dort Laura nachgefolgt. Aber das Klavier war für mich eigentlich schon immer ein Begleiter. Im Gymi habe ich dann einen Lehrerwechsel gemacht und bin zu einem gekommen, der damals Jazz-Piano studierte in Bern. Daran habe ich mega prägende Erinnerungen, bei ihm in einem Dachzimmer hat er mir die Schätze des Jazz-Piano gespielt, die Harmonien. Jede Woche habe ich etwas Neues gelernt.

Ich bin wohl ein mega angenehmer Schüler gewesen, denn ich habe tatsächlich auch geübt. Ich war motiviert. Aber mit dem Gedanken, das beruflich zu machen spielte ich noch nicht. Bis nach der Matur hatte ich das Gefühl, ich studiere Bio oder Chemie oder sowas. Eines Tages sagte der Lehrer: Jetzt wäre gerade ein Fenster für das Berufsstudium in Bern offen, da habe mich einfach so mal angemeldet und zu meinem Erstaunen gleich einen Platz bekommen. Dann habe ich aber mindestens einen Bachelor lang gebraucht, um eine Vorstellung davon zu bekommen, was das sein könnte, ein Musiker zu sein, der sich ein Leben lang entwickelt. Wenn ich zurückblicke, hätte ich mir nie vorstellen können, einmal da zu sein, wo ich jetzt bin. Trotzdem ist mir die Idee, an einer Solo-Vision zu arbeiten, erst vor zwei, drei Jahren gekommen.

Mit 20, habt ihr beiden euch ausgetauscht über eure musikalischen Entdeckungen?
LAURA Wir waren wie an einem anderen Punkt. Bei mir ist es nicht so eingeflutscht wie Luzi vom Gymi zum Studium. Ich habe zuerst eine Lehre gemacht als Krankenpflegerin im Altersheim. Musste mich nachher recht emanzipieren, um das Studium zu machen. Zuerst machte ich einen zweijährigen Vorkurs. Zu der Zeit habe ich schon in Bands gespielt, viele Gigs. Ausserhalb der Schule lief für mich schon mega viel, aber nicht Jazz. Fürs Studium habe ich mich fast zwingen müssen, und das ging, weil ich sehr fleissig bin, diszipliniert, und die Sache über mich selber gestellt habe. Dadurch gab es, glaub ich, ein bisschen ein Gefälle zwischen Luzi und mir.

Auf mich hat es so gewirkt, als würde Luzi alles immer so einfach fallen, und ich war recht am Kämpfen. Es hatte vielleicht auch noch damit zu tun, dass ich eine Frau bin und Luzi ein Mann und all die auf Gender basierenden Unterschiede, und dann noch Geige und all die blöden Kommentare von den Lehrern. Deswegen war für mich immer klar, wenn ich einen Master mache, gehe ich weg ins Ausland. So kam ich nach Skandinavien, zwei Jahre. Das war super. Vor allem habe ich dort frei improvisiert. In die Zeit fiel dann aber auch der Anfang von Esche. Ich habe das Gefühl, dass der musikalische Austausch von uns beiden erst damit begonnen hat. Vorher haben wir unterschiedliche Realitäten gehabt.

Was war das für eine Konstellation, die zur Gründung von Esche führte?
LAURA Es begann damit, dass mir ein Friedl-Wald-Stipendium zugesprochen wurde. Pro Jahr werden ein paar Studenten ausgewählt, die im letzten Bachelor-Jahr stehen. Sie können vorspielen und kriegen 15 000 Franken. Ich war nominiert, brauchte fürs Vorspielen eine Band und fragte Luzi und Lisa. Ich habe mir dabei nicht viel überlegt Ich brauchte einfach gute Musiker.

LUZIUS Ich war ja selber noch unerfahren, wie man sowas angeht. Zum ersten Mal miteinander spielen. Die weiteren Jahre mit der Band waren spannend. Es war zu der Zeit die einzige Working Band für mich, wo man über längere Zeit hinweg so einen kreativen Austausch hatte, wo alle sich einbrachten. Es ging mega viel um das Finden von Kompromissen und das Abgleichen von Bedürfnissen, was unsere musikalischen Vorstellungen anbelangte. Ich habe das als einen sehr bereichernden Prozess empfunden im Nachhinein, weil ich mit anderen Sichtweisen, wie man Musik denken kann, konfrontiert wurde.

Es gab aber auch viel Energieverlust durch das Abreiben. Das Finden von Konsens ist manchmal schon nicht einfach. Es hat immer zu der Band gehört, dass es leicht knorzig war, aber dass man viele schöne Momente teilte. Wir sind viel gereist, absolute DIY-Tourneen, mehrmals Deutschland, Skandinavien, irgendwelche Orte. Sowas zusammen zu machen, sich zu behaupten, da habe ich viel gelernt. Vor allem auch dann, wenn nicht so viele Leute kommen, oder wenn wir den Leuten suspekt sind. Mit Esche konnte ich ein experimentelles Bedürfnis befriedigen, was ich in den anderen Projekten nicht konnte.

Esche war also quasi nicht nur ein musikalisches Experiment, sondern auch ein Experiment in Kommunikation? Und weil ihr euch vom Aufwachsen her so gut kanntet, war das gleichzeitig einfacher und schwieriger …
LAURA Genau. Es war emotionell sehr intensiv. Hat manchmal Tränen gegeben. Aber auch Euphorie. Ich muss sagen, ich habe sehr viel gelernt in Sachen Kommunikation von Lisa. Eingefahrene Familienmechanismen, die ihr aufgefallen sind. Zum Beispiel, sie sagte immer, ich würde ihr ins Wort fallen, was ich, glaube ich, immer weniger machte. Manchmal Sachen, die einem nicht so bewusst sind …

Wie viel Zeit liegt zwischen Esche und diesen Duo-Konzerten?
LAURA Das letzte Esche-Konzert war Mai 2021 beim Jazz-Festival Schaffhausen …

Was ihr beide macht, ist unglaublich weit gespannt. Verliert man sich da nicht manchmal ein bisschen? Weiss nicht mehr, wo der Kopf steht?
LUZIUS Ich glaube, ich habe meine Schubladen. Ich merke, wenn ich Musik kreiere, zum Beispiel jetzt mit Laura, dass man am Anfang viel Zeit investiert, einen Rahmen zu schaffen. Viele Gespräche, wie und was die Musik sein könnte. Dieses Projekt zum Beispiel verbinde ich ganz stark mit dem Ort Poschiavo, mit etwas Archaischem, mit der Bergwelt. Ich sehe Texturen, mit denen ich den Klang der Orgel oder der Bergwelt assoziiere, und schaffe mir dort so etwas wie einen emotionellen Rahmen. Danach kann ich relativ gut entscheiden, was dort hineinpasst und was nicht. Momentan bin ich an mehreren Produktionen beteiligt, die parallel laufen. Da kommt man nicht darum herum, eine abstrakte Zwischenstufe zu finden.

LAURA Mir geht es ähnlich. Wir haben auch verschiedenen Projekte. Sie haben alle eine klare eigene Sprache, visuell, künstlerisch, musikalisch. Beim Duo jetzt finde ich sehr schön, dass wir am Anfang improvisiert haben, viel aufgenommen, viel angefangen, diskutiert was gefällt, was nicht. Und waren uns eigentlich immer einig, wo wir hinwollen. Das Projekt ist sehr organisch entstanden. Muss auch so sein. Nicht etwas Erdachtes im Stil von «ich könnte eigentlich doch noch das machen». Darum hat es auch die Kraft, den Ausdruck.

Eine Frage für Laura. Im «Bund» habe ich ein Zitat von dir gefunden: «Ich würde gern mal unvernünftig sein, aber das bin ich einfach nicht.» Ist nicht Musik ein Mittel, die Vernunft auszuhebeln?
LAURA Mit Vernunft habe ich dort nicht unbedingt den Verstand gemeint. Mehr die Vernunft, brav zu sein, möglichst gut sein zu wollen. Nicht am Morgen im Bett liegenbleiben, bis 12 Uhr im Pyjama hängen, Kaffeetrinken bis 14 Uhr und um 15 Uhr noch kurz die Zeitung lesen. Das Interview liegt zwei Jahre zurück. Ich habe das Gefühl, dass ich das inzwischen auch ziemlich gut kann.

Diana Damrau wird in Zürich unterrichten

Die Sopranistin Diana Damrau wird ab dem Herbstsemester 2024 an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) als Hauptfachdozentin Gesang tätig sein.

Diana Damrau. Foto: Parlophone-LTD by Simon Fowler

Diana Damrau gilt als einer der Stars der Opernwelt und zählt zu den wichtigsten Liedinterpretinnen unserer Zeit. Seit ihrem frühen Bühnendebüt ist die Sopranistin ständiger Gast auf den international führenden Opern- und Konzertbühnen. Ihr umfangreiches Repertoire liegt im Lyrischen und im Koloraturfach, es umfasst auch zeitgenössische Opern. Ihre Gesangskunst ist auf zahlreichen Tonträgern dokumentiert.

Studieninteressierte können sich bis 1. März 2024 zur Aufnahmeprüfung an der ZHdK Musik anmelden: https://www.zhdk.ch/studium/musik/ap-musik

Sarah Wegener ab Herbst an der ZHdK

Sarah Wegener wird ab dem Herbstsemester 2024 an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) als Hauptfachdozentin Gesang unterrichten.

Sarah Wegener. Foto (Ausschnitt): Vera Hartmann

Die deutsch-britische Sopranistin Sarah Wegener studierte Gesang bei Bernhard Jaeger-Böhm in Stuttgart sowie in Meisterkursen bei Dame Gwyneth Jones und Renée Morloc. Zudem ist sie ausgebildete Kontrabassistin und Chorleiterin.

Sarah Wegener ist viel gefragte Interpretin des klassischen und romantischen Repertoires sowie zeitgenössischer Kompositionen. Sie arbeitet weltweit auf den grossen Bühnen mit renommierten Komponisten, Komponistinnen sowie Dirigentinnen und Dirigenten und gastiert an zahlreichen Festivals. Viele Einspielungen bezeugen ihre künstlerische Vielseitigkeit.

Studieninteressierte können sich bis 1. März 2024 zur Aufnahmeprüfung an der ZHdK Musik anmelden: https://www.zhdk.ch/studium/musik/ap-musik

Félix Dervaux kommt nach Zürich

Ab Herbstsemester 2024 wird Félix Dervaux als Hauptfachdozent Horn an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) unterrichten.

Félix Dervaux. Foto: Studio NEXT

Félix Dervaux (geb. 1990) studierte am Conservatoire National Supérieur de Musique et de Danse de Lyon sowie an der Universität der Künste Berlin und war Mitglied der Herbert-von-Karajan-Akademie. Innerhalb weniger Monate wurde er als einer der jüngsten Solohornisten in das Orchestre de l’Opéra de Lyon und das Royal Concertgebouw Orchestra (RCO) in Amsterdam aufgenommen.

Dervauxs Spiel ist auf zahlreichen Aufnahmen zu hören. Er ist Preisträger internationaler Wettbewerbe und trat als Gastsolist und Solohornist mit  führenden Orchestern der Welt auf. Als multidisziplinärer Musiker gab er kürzlich sein Debüt als Komponist mit dem Aichi Chamber Orchestra und dem Orchestre Victor Hugo Franche-Comté.

Studieninteressierte können sich bis 1. März 2024 zur Aufnahmeprüfung an der ZHdK Musik anmelden: https://www.zhdk.ch/studium/musik/ap-musik

Mizmorim: Weit über den eigenen Tellerrand hinaus

Das zehnte Mizmorim-Kammermusikfestival zeigte Psalm-Adaptionen aller Orte und Zeiten.

Eröffnungskonzert am 25. Januar im Musiksaal des Stadtcasinos Basel mit dem Lucerne Festival Contemporary Orchestra unter der Leitung von Tito Ceccherini und u.a. mit Ilya Gringolts. Foto: Zlatko Mićić

«Wer ist Frank Zappa?», fragt eine ältere Dame in der Reihe hinter mir in der Basler Gare du Nord. Das ist ihr gutes Recht. Denn die in der New Yorker Avantgarde schwadronierende Rock-Ikone hat mit «Tehillim», dem Motto des diesjährigen Mizmorim-Kammermusikfestivals, nur am Rande zu tun. Soeben hatte sich der Schlagzeuger Christian Dierstein im Konzert 150 + 1 Psalmen in einem imposanten Aufbau aus Röhren, Platten und Perkussionsinstrumenten in Position gestellt. Er brachte Peter Eötvös‘ Solostück Psalm 151. In memoriam Frank Zappa aus dem Jahr 1993 zu Gehör. Eötvös bezeichnet seinen Nekrolog als «Psalm». Die «Tehillim», der alttestamentarische Psalter, umfasst bekanntermassen 150 Psalmen. Den 151. Psalm gibt es dort also nicht.

Diese programmatische Hinterlist zeigt die Strategie zur zehnten Austragung des Festivals vom 24. bis zum 31. Januar. Seit 2015 setzt man, was aus dem Rahmen der eigenen jüdischen Kultur hinausweist und für Musikerinnen und Musiker anderer religiöser Prägungen zur Inspiration wurde, in ästhetisch und historisch spannende Zusammenhänge: «Mizmorim» heisst im Hebräischen «Psalmen» und ist demzufolge ein Gattungsbegriff, der sich gleichermassen auf Quellentexte und seine Vertonungen oder andere Adaptionen bezieht.

Jüdisches Leben und jüdischer Glaube

Bis zur diesjährigen Ausgabe konnten die künstlerische Leiterin Michal Lewkowicz, die in den früheren Festivals auch als Klarinettistin aufgetreten war, und Präsident Guy Rueff das Profil mit Hilfe eines wissenschaftlichen Beratungsteams schärfen. Zusammen mit der festlichen Eröffnung im Musiksaal des Casinos Basel gab es zwölf Konzerte: Solostücke, Lieder, Kammermusik und ausnahmsweise Werke an der Schwelle zu grösseren Orchester- und Vokalbesetzungen. Jugendangebote, Vernetzungen, Auftragskompositionen waren zum Jubiläum doppelt so zahlreich, das Festival doppelt so lang wie sonst.

Jazz mit dem Vein-Trio: Michael Arbenz (Klavier), Thomas Lähns (Kontrabass), Florian Arbenz (Schlagzeug). Foto: Zlatko Mićić

«Es freut mich, dass das Publikum den Weg zu uns findet», sagte Lewkowicz nach dem Eröffnungskonzert, artikulierte aber Ängste über die kriegerischen Entwicklungen im Gazastreifen seit dem 7. Oktober 2023. Acht Wochen vor Festivalbeginn hatte sie vorsorgend eine deutliche Willkommensbotschaft ausgesendet. Es sollte sich niemand vom Jubiläum ausgeschlossen fühlen, vor allem nicht bei der zwei Jahre lang vorbereiteten Kooperation zwischen Mizmorim und der Beit-Yosef-Synagoge der Israelitischen Gemeinde Basel. «Die Synagoge ist nicht nur Gebetsort, sondern auch ein Versammlungsraum. Letzteres wird oft vergessen», sagte Lewkowicz. «Das Festivalbüro wurde mit ‹Free Palestine› besprüht und Rabbiner Moshe Baumel wurde angespuckt»,» berichtete sie wenige Tage vor Festivalbeginn der Basler Zeitung.

Zum ersten Mal stand Mizmorim nicht unter einem Motto mit konkretem historischem oder theoretischem Bezugspunkt wie in den letzten Jahren, als 2023 zum Beispiel im «Projekt Blau-Weiss» eine musikalische Perspektive auf die Bewegung für einen jüdischen Nationalstaat vor Gründung des Staates Israel entwickelt worden war. Jüdisches Leben und Gläubigkeit sollten im Jubiläumsjahr erst recht mit möglichst vielen, auch für Aussenstehende interessanten Facetten und Farben reflektiert werden.

Ein mustergültiges Beispiel für die programmatische Mizmorim-Strategie war das Konzert Psalm geheim am Freitagvormittag. Ein regulärer Werktag für eine Matinee ist ungewöhnlich und zeugte vom Mut der Veranstalter. Der Zunftsaal im Schmiedenhof war gut gefüllt, obwohl nur ein «Zugstück» (Biblische Lieder des katholischen Tschechen Antonín Dvořák), dafür eine tönende Visitenkarte des Festivals auf dem Programm stand: Secret Psalm für Violine solo von Oliver Knussen (1952–2018), als Schweizer Erstaufführung Der Ewige ist mein Hirte, Psalm 23, von Alexander Uriyah Boskovich (geb. 1954) sowie Werke von Aram Hovhannisyan, Victor Alexandru Colțea und Eleni Ralli, den Preisträgern der ersten drei Mizmorim-Kompositionswettbewerbe 2018, 2020 und 2022.

Konzert «Psalm geheim» im Zunftsaal im Schmiedenhof. Foto: Zlatko Mićić

Viel Musik des 20. und 21. Jahrhunderts

«Ich liebe Mendelssohn sehr, aber anderes ist heute weitaus wichtiger», sagte Lewkowicz. Ohne dass es explizit im Titel steht, gehört das Festival inzwischen zu den Hotspots der Neuen Musik in Basel. Wer die Mizmorim-Programme der letzten Jahre Revue passieren lässt, wird ein Abnehmen von Liedern und dafür eine wachsende Zahl von Werken mit individuell gemischten Instrumental- und Vokalbesetzungen feststellen. Die Aufführung der Tehillim von Steve Reich mit dem Lucerne Festival Contemporary Orchestra unter dem für den erkrankten Baldur Brönnimann eingesprungenen Tito Ceccherini im Casino Basel war auch die erste Kooperation von Mizmorim mit den Basler Madrigalisten. Eine weitere Premiere war die Liveübertragung von Mizmorim Jazz mit Psalmen-Improvisationen des Vein-Trios aus dem SRF-Radiostudio. Das Publikum – insgesamt zählte man 3200 Besucherinnen und Besucher – reagierte auf die Novitäten mit offenherzigem Applaus und Begeisterung für die spieltechnischen Herausforderungen. Vielbeschäftigt als Berater und Geiger war Ilya Gringolts.

Kompositionen in traditionellen Kammerbesetzungen erklangen von Alfred Schnittke, Frank Martin, Gideon Klein, Bohuslav Martinů und Arnold Schönberg, im Eröffnungskonzert zudem die Uraufführung des Auftragswerks Mimma’amaqim für Stimmen und Ensemble von Helga Arias (geb. 1984). Das  Konzert Pro Pacem unter der künstlerischen Gesamtleitung von Jordi Savall in der Martinskirche Basel beendete das Festival. Der Anteil von Musik des 20. und frühen 21. Jahrhunderts war ausserordentlich hoch. Die besondere Anknüpfung an den 100. Geburtstag von György Ligeti ergab sich durch die Ausstellung Ligeti-Labyrinth im Musikmuseum Basel. Die Kuratorin Heidy Zimmermann – sie ist eine dem Mizmorim-Festival seit Gründung eng verbundene Beraterin – wies darauf hin, dass Ligeti, dessen Vater und Bruder in Konzentrationslagern ums Leben gekommen waren, seine jüdische Herkunft immer als Privatsache, nicht als künstlerisch wesentliches Thema betrachtet hatte.

Schlusskonzert «Pro Pacem» in der Basler Martinskirche. Foto: Zlatko Mićić

Festivals mit dem Anspruch auf Vielfalt und Exklusivität gibt es viele. In einer Phase der politischen Zuspitzung, in welcher sich Teile der jüdischen Bevölkerung sogar in der Schweiz zunehmend bedroht fühlen, bewies das Mizmorim-Kammermusikfestival hohes Format. Es lud ein zu einer Werkschau mit Wurzelfäden hebräischen Ursprungs in internationale Kulturen und stellte Adaptionen aus weltlichen Kulturkreisen vor. Das Genre des Psalms («Mizmorim») und die Anthologie «Der Psalter» («Tehillim») wurden als über religiöse Dimensionen hinausweisende Quellen kenntlich.

Nächstes Jahr findet das Mizmorim-Kammermusikfestival vom 29. Januar bis zum 2. Februar in Basel statt.

 

Ergänzung am 29. Februar 2024:
Link zur Ausstrahlung des Eröffnungskonzerts auf Pavillon Suisse 

«Heil dir, Helvetia»

Das schweizerische Nationalbewusstsein beruht auf Mythen. Eine Tagung an der Hochschule der Künste Bern fragte, welchen Zwecken sie dienen. Warum sie in Kunst und Wissenschaft manchmal zertrümmert werden, kam nur am Rand zur Sprache.

Leo Dick, Leiter des Forschungsprojekts «Opera mediatrix», an der HKB-Tagung «Mythenzertrümmerung: schmerzhaft & lustvoll» vom 23. Januar 2024. Foto: Daniel Allenbach/HKB

Die Frau ist allgegenwärtig. Sie ziert Münzen und Briefmarken, thront als Statue oben auf der Front des Bundeshauses und kommt in der ehemaligen Landeshymne vor: Es ist die allegorische Figur der Helvetia, der Beschützerin und Mutter der Eidgenossenschaft. Unser Nationalbewusstsein beruht zu einem grossen Teil auf Mythen. Auch die Erzählungen von Wilhelm Tell, von der Wiege der Demokratie, der Willensnation oder der Neutralität sind solche Mythen. In der Nachkriegszeit, vor allem aber im Gefolge der Achtundsechziger-Bewegung wurden diese in Kunst und Wissenschaft kritisch hinterfragt und oft genussvoll demontiert.

Identitätsbildendes Handeln

«Mythenzertrümmerung: schmerzhaft & lustvoll», lautete das Motto der Tagung vom 23. Januar an der Hochschule der Künste Bern. Anlass dazu bot die Vorstellung der Publikation Musicking Collective – Codierungen kollektiver Identität in der zeitgenössischen Musikpraxis der Schweiz und ihrer Nachbarländer, die an der Hochschule der Künste Bern (HKB) im Rahmen eines Nationalfonds-Projekts entstanden ist. Herausgeber sind der Komponist, Regisseur und Musikwissenschaftler Leo Dick, die Komponistin und Interpretin Noémie Favennec und die Performerin und Musikforscherin Katelyn Rose King. Mit der Wortschöpfung «Musicking», die vom amerikanischen Musikologen Christopher Small übernommen wurde, teilen die Herausgeber die These, dass das Wesen der Musik nicht primär in Kompositionen, sondern im kollektiven Handeln von Personen begründet sei. Musikausübung wirke somit identitäts- und gemeinschaftsstiftend.

Die Beiträge des Sammelbandes befassen sich mit dem zeitgenössischen Musiktheater vorwiegend in der Schweiz unter dem Aspekt der Konstruktion und Dekonstruktion von Wir-Identitäten. Dick selber stellt in seinem Aufsatz Der Schatten von Mutter Helvetia zwei Vertonungen von Jeremias Gotthelfs Novelle Die schwarze Spinne einander gegenüber. In Heinrich Sutermeisters Funkoper von 1934 erkennt der Autor den affirmativen Reflex der Geistigen Landesverteidigung, in Rudolf Kelterborns Fernsehoper von 1984 dagegen die kritische Auseinandersetzung im Gefolge der Jugendunruhen in verschiedenen Schweizer Städten.

Gesellschaftskritik und Zukunftsmusik

Bei den übrigen Referaten der Berner Tagung lag der Fokus nicht immer auf der Musik. Heike Bazak, Leiterin des PTT-Archivs in Bern, entschlüsselte den Zusammenhang zwischen den verschiedenen ikonografischen Darstellungen der Helvetia auf Schweizer Briefmarken und dem jeweiligen Zeitgeist. Die Historikerin Noëmi Crain Merz sprach über neuere Frauenbewegungen in der Schweiz und ihren Umgang mit Geschlechterrollen.

Zurück zur Musik führte der Beitrag der Musikethnologin und Filmemacherin Lea Hagmann. Sie stellte ihren Dokumentarfilm Beyond Tradition: Kraft der Naturstimmen (2023) vor, den sie zusammen mit Rahel von Gunten und dem Produzenten Thomas Rickenmann realisiert hatte (Red. siehe Film-Bericht von Wolfgang Böhler). Dokumentiert werden der Appenzeller Naturjodel sowie zwei vergleichbare ausländische Traditionen. Die beiden Filmemacherinnen waren an der Frage interessiert, wie sich solche Traditionen mit innovativen Ansätzen verbinden lassen. Dabei habe sich herausgestellt, dass sowohl der Hauptdarsteller als auch der Produzent Angst vor einer möglichen «Mythenzertrümmerung» bekommen hätten. Vor dem Hintergrund des Konflikts zwischen Kunst und Kommerz sei der Film schliesslich weniger gesellschaftskritisch geworden, als Hagmann das gerne gehabt hätte.

Zu Mythen können auch Institutionen oder Publikationen werden. Geradezu Kultstatus hat inzwischen der 2002 eröffnete Gare du Nord im Badischen Bahnhof von Basel erlangt. Der kuratierte Produktions- und Aufführungsbetrieb für die zeitgenössische schweizerische (und internationale) Musikszene bekommt im Sommer 2024 mit dem Komponisten und Performer Andreas Eduardo Frank eine neue künstlerische Leitung. Im Gespräch mit Leo Dick skizzierte der Designierte seine Vorstellungen: Generationenwechsel bei Künstlern und Publikum, Strukturveränderungen und pluralistischer künstlerischer Ansatz. Zu Konkreterem liess sich Frank trotz Nachfragen nicht bewegen.

Dissonanzen und Partisanen

Zu einem Mythos «post festum» ist auch die 2018 eingegangene Zeitschrift Dissonance/Dissonanz, das Leitmedium der zeitgenössischen Schweizer Musikproduktion, geworden. Die Gründe für das Ende waren finanzielle Schwierigkeiten und Meinungsverschiedenheiten zwischen Redaktion und Trägerschaften. Wie Phönix aus der Asche ist 2022 mit der Online-Plattform Partisan Notes ein neues Medium erstanden. Der Musikphilosoph Christoph Haffter, Mitherausgeber der Plattform, und die Musikwissenschaftlerin Jasmin Goll orientierten über die Ausrichtung des neuen Organs. Es handelt sich dabei nicht um eine direkte Nachfolgepublikation von Dissonance/Dissonanz. Denn Partisan Notes ist international ausgerichtet und erscheint auf Englisch. Die Plattform steht für Unabhängigkeit, ästhetischen Pluralismus und Parteinahme für eine zeitgenössische Musik, die sich der Kritik stellen will. Neben Essays zu verschiedenen Themen bietet die Plattform Berichte von Workshops, die mit wechselnden Veranstaltern zeitgenössischer Musik durchgeführt werden. Bei den Workshops kommen Kritiker, Komponisten und Interpreten miteinander ins Gespräch und «erleuchten» sich wechselseitig.

Podiumsdiskussion zu Partisan Notes: v.l. Leo Dick, Jasmin Goll, Christoph Haffter und Katelyn King. Foto: Daniel Allenbach/HKB

In der anschliessenden Diskussion meldeten sich vorwiegend kritische Stimmen: Durch die internationale Ausrichtung verliere die schweizerische Szene an Bedeutung. Das Englische habe die in Dissonance/Dissonanz herrschende helvetische Zweisprachigkeit des Deutschen und des Französischen verdrängt. Mit dem Online-Medium gehe die Sinnlichkeit einer physischen Publikation verloren. Und Partisan Notes sei zu abgehoben.

Zur Versöhnung und Abrundung überraschte Katelyn King in Cathy van Ecks In paradisum für Performerin und Live Electronics mit einer witzigen Darbietung. Die apfelessende Eva konnte man im Zusammenhang des Tagungsthemas auch als eine feministische Umdeutung von Tells Apfelschuss interpretieren.

Katelyn King in Cathy van Ecks In paradisum für Performerin und Live Electronics. Foto: Daniel Allenbach/HKB

«Bitte, ich versuche zu sprechen»

Diesen Titel setzte Jürg Halter über seine Intervention am Symposium «Sprachkunst in der Musiktherapie» an der ZHdK. Improvisierend reflektierte er das Verstehen und Verstandenwerden und bewegte sich virtuos an den Übergängen von Sprache, Musik und körperlicher Darstellung.

Jürg Halter trat am 26. Januar 2024 am ZHdK-Symposium «Sprachkunst in der Musiktherapie» auf. Foto: zVg/ZHdK

Begriffe wie Musiksprache, Wortmusik, Körpersprache weisen darauf hin, dass Sprache, Musik und Körper sich aufeinander beziehen, sich gegenseitig gar bedingen. Im Idealfall – und das wissen nicht nur Bühnenkünstlerinnen und -künstler – verdichten sich die drei Elemente zu einem kunstvollen Ganzen.

Das Symposium «Sprachkunst in der Musiktherapie» vom 26. und 27. Januar an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) thematisierte «die Übergänge zwischen Sprache und Musik». Fachleute aus Literatur, Musik, Performance und Therapie beleuchteten das Dachthema in Vorträgen und Workshops aus verschiedenen Blickwinkeln. Beate Roelcke und Diandra Russo moderierten die Veranstaltung.

Musik und Sprache werden in der Therapie verantwortungsbewusst, wissenschaftlich fundiert, aber auch auf künstlerisch-kreative Weise eingesetzt. Der Leiter der Abteilung Musik an der ZHdK, Michael Eidenbenz, sagte dazu in seinem Grusswort: «Musikmachende tragen Verantwortung, gute Musik zu machen. Im therapeutischen Kontext gilt dies erst recht.»

Drei Keynote-Referate breiteten die mannigfaltigen Aspekte aus: Sandra Lutz Hochreutener sprach unter dem Titel «Körper-, Musik- und Wort-Sprache im Trialog» über das wissenschaftliche Gerüst der Musiktherapie und veranschaulichte ihre Arbeit mit Beispielen aus der Praxis. Benjamin Hoeltje berichtete über die bei «Risiko-Jugendlichen» gut funktionierende «Rapmusiktherapie», und der bekannte Schweizer Autor, Lyriker, Performer und bildende Künstler Jürg Halter erwies sich als die perfekte Besetzung, um die Bedeutung von Sprache in Verbindung mit Musik in künstlerischer Form zu demonstrieren.

Sinn und Klang vereinen

Jürg Halter hat unter anderem als Poetry-Slammer und als Kunstfigur Kutti MC erfolgreich als Rapper gearbeitet. Zu Beginn seines Vortrags «Bitte, ich versuche zu sprechen» stellte er den Titel gleich szenisch dar. Stammelnd und nach Worten ringend begab er sich zur Bühne und erörterte anhand vieler Beispiele und Zitate, teils aus eigenen Gedichten, seine Auffassung von Sprache. Ruhelos wanderte er dabei zwischen zwei Notenständern hin und her, als ob er seine Argumente zusammensuchen wollte. Tatsächlich sprach er frei, und über weite Strecken improvisierte er. «Wenn Geist und Körper sich zusammentun, kann Sprache entstehen», sagte er und fuhr fort: «Sinn und Klang, ich werde euch vereinen.» Das Aneinanderreihen von Wörtern müsse immer auch einen Rhythmus aufweisen. Er nannte dies «Wortmusik». Er zitierte nicht nur, sondern performte die Textausschnitte, kleidete sie in einen eigentümlichen Sprechgesang und versah sie mit den vom Rap her bekannten, coolen Vorwärtsbewegungen der Arme.

Keine Angst vorm Scheitern

Improvisieren in Musik und Sprache habe viel mit Selbsterfahrung und Selbsterweiterung zu tun, führte Halter aus und knüpfte damit wieder beim Thema der Veranstaltung an. Der Angst vor dem Scheitern setze er sich bewusst aus und bereite sich nie bis ins Letzte auf Auftritte vor. Er möge Menschen, die sich dem Risiko der Blamage auslieferten. «Es fragt sich allerdings, auf welchem Niveau man scheitert», fügte er schmunzelnd hinzu. Als Vorbereitung einer Improvisation begebe er sich in einen «Zustand zwischen absoluter Konzentration und Loslassen».

Auf verblüffende Weise demonstrierte er seine Improvisationskunst mit einer spontanen Performance über den aus dem Publikum vorgegebenen Begriff «Enten». Nach kurzer Zeit befand er sich in einer Art Trance. Als ob er von einem imaginären Teleprompter abläse, trug er einen in seiner Sinnlosigkeit vollendet gestalteten Text vor.

«Sprache ist der Versuch, sich verständlich zu machen», betonte Halter, und doch begleite ihn die Gefahr, missverständlich zu sein. Ziel wäre es, eine gemeinsame Sprache zu finden, in der Missverständnisse weitgehend vermieden werden könnten. Eine kritische Reflexion über das Medium Sprache sei für den denkenden Menschen unverzichtbar.

Mendelssohn-Trouvaillen aufgeführt

Das Klavierduo Soós-Haag spielte im Januar erstmals die vor einiger Zeit in der Sacher-Stiftung aufgespürten Kadenzen von Felix Mendelssohn zu Mozarts Konzert für zwei Klaviere und Orchester KV 365.

Klavierduo Soós-Haag Foto: Irene Zandel

Vor Jahren schon entdeckte das Klavierduo Soós-Haag zwei Kadenzen von Felix Mendelssohn zu Mozarts Doppelkonzert KV 365, die nun in Lindau, Liestal, Lutry und Boswil endlich aufgeführt werden konnten. Zu den damaligen Recherchen erläutert Ivo Haag: «In einem Brief vom 1. Juni 1832 an seine Familie in Leipzig schreibt Mendelssohn aus London, er spiele an diesem Abend zusammen mit Ignaz Moscheles das Doppelkonzert von Mozart und er habe aus diesem Anlass ‹zwei lange Kadenzen› geschrieben.»

Durch einen Hinweis von Ralf Wehner von der Leipziger Mendelssohn-Forschungsstelle erfuhren sie, dass diese «Londoner» Kadenzen in der Paul-Sacher-Stiftung in Basel liegen. Bisher waren sie nur einigen wenigen Spezialisten bekannt. Haag beschreibt den Augenblick der Entdeckung als «magisch»: «Ich habe sofort gesehen, dass es hochinteressantes Material ist und wollte es unbedingt in eine aufführbare Form bringen.» Da die Manuskripte nur als Fragment erhalten sind, harrten die Kadenzen lange ihrer Vollendung und Aufführung.

Im Konzert von Chaarts vom 20. Januar im Künstlerhaus Boswil war Mozarts Doppelkonzert eingebettet in Werke von Bach, Veress und eine Mozart-Sinfonie. In Bachs Konzert C-Dur BWV 1061, ursprünglich für zwei Tasteninstrumente ohne Orchester geplant, konnte das Duo Soós-Haag seine Qualitäten demonstrieren: den Wettstreit der beiden ebenbürtigen Partner im ersten Satz oder der feinsinnige Siciliano. Die beiden Klaviere überstrahlten die hier noch etwas träge Begleitung des Ensemble Chaarts.

In den Vier transsylvanischen Tänzen drehte dieses dann aber mächtig auf. Veress hat die Volksmusik aus seiner Heimat geschickt in ein Streichorchester-Werk von hoher Intensität verwandelt. Die Komposition wurde 1950 von Paul Sacher in Basel uraufgeführt. Veress’ Nachlass befindet sich, wie die Mozart/Mendelssohn-Kadenzen, in der Sacher-Stiftung.

Die Tänze sind in guter Suitentradition gehalten. «Lassú» beeindruckt durch den romanzenhaften Gestus, ihm folgt mit «Ugros» ein Springtanz. Der schwermütige «Lejtös» beginnt mit einer getragenen Bratschenmelodie, während «Dobbantós» einen energischen Kehraus präsentiert, bei dem Dirigent Gábor Takács-Nagy gar bühnenreif ins Hüpfen kam.

Die Interpretation trug unverkennbar die Handschrift von Chaarts, die in Mozarts Sinfonie Nr. 29 A-Dur KV 201 noch prägnanter hörbar wurde. Energisches, fast überdrehtes Streichen, Energieballungen von höchster Intensität bei kurzer Phrasierung. Zu diesem hochdynamischen Ansatz passte auch das Andante: Gemäss Partitur sollen alle Streicher mit Dämpfer spielen, was einen weichen, hintergründigen Klang hervorruft. War es Absicht, dass bei etlichen Musikern der Dämpfer fehlte? Jedenfalls ging der vorgeschriebene Sordino-Effekt verloren. (vergl. Gegendarstellung von Andreas Fleck*)

Aus der Improvisation entstanden

Im Mittelpunkt des Abends stand aber das Doppelkonzert von Mozart mit den beiden unbekannten Kadenzen. Dem Duo Soós-Haag war es gelungen, für die Vervollständigung des Funds Robert David Levin zu gewinnen. Es ist höchst selten, dass sich Manuskripte von Kadenzen erhalten, und so war Levin, der sich mit Rekonstruktionen von Mozart-Werken einen Namen gemacht hat, sofort interessiert. Besonders spannend ist, dass es Originalkadenzen von Mozart gibt, die «a tempo» gespielt werden.

Und bei Mendelssohn? Im Gegensatz zu Mozart ist es offensichtlich, dass Mendelssohns Kadenzen aus der Improvisation heraus entstanden sind, wie Haag erläutert: «Sie sind lockerer gefügt, Moscheles und Mendelssohn haben oft und gern zusammen improvisiert. Die zum ersten Satz ist mehr oder weniger ausgeschrieben, bis auf eine Stelle des ersten Klaviers, die auf einer nicht notierten Improvisation von Moscheles beruht. Robert Levin hat diese Stelle auf kongeniale Weise ergänzt. Das Skizzenmaterial zu der des dritten Satzes ist sehr rudimentär.» Levin musste also mehr ergänzen.

Als Zuhörerin im Konzert fragte ich mich natürlich, wie dies nun klingen mag: mehr nach Mozart oder mehr nach Mendelssohn? Die Auflösung war in mehrerlei Hinsicht frappant. Zum einen öffnet Mendelssohn das Tor weit in die Romantik, er ist freier, kühner in der Harmonik, und er schenkt den beiden Solisten je eine grosse eigene Partie. Das Klavierduo Soós-Haag liess sich nicht zweimal bitten, spielte die Eigenheiten gekonnt aus, agogisch raffiniert und quasi improvisando.

Bei der zweiten Kadenz bedauerte man die Kürze, man hätte der basslastigen Partie und den Girlanden à la Chopin gerne noch etwas länger nachgehört. Raffiniert, wie das Ensemble Chaarts unter Gábor Takács-Nagy den Spagat zwischen Klassik und Romantik bewältigte, mit weicherem Ansatz, längeren Phrasierungen und schmelzender Oboen-Kantilene. Die Kadenzen bilden eine Bereicherung des Repertoires und werden vermutlich veröffentlicht.

 

* Gegendarstellung von Andreas Fleck, Ensemble Chaarts, vom 8. Mai 2024:

  1. schreibt Mozart (wie üblich), nur Dämpfer für die Violinen vor (siehe Screenshot Partitur unten)
  2. haben alle Geiger:innen mit Dämpfer gespielt und folglich die anderen (6) nicht.
  3. Anbei der Link zur Aufnahme, wo die unterschiedlichen Klänge innerhalb der Streicher gut hörbar sind
    https://open.spotify.com/intl-de/track/2KOtCvJIDHl80h2hrqkETG?si=099d88c994154cfc
  4. Das aufgezeichnete Video zeigt (in nämlichem Konzert zwei Tage später), dass alle Geiger ihren Dämpfer selbstverständlich aufsetzen.

 

 

Anm. d. Red.: Änderung resp. Ergänzung ausgeführt am 13. Mai 2024

Ars Electronica Forum Wallis 2024

Die Resultate des 9. Wettbewerbs für akusmatische Musik Ars Electronica Forum Wallis sind bekannt. Die gekürten Werke werden im März in Münster/Goms aufgeführt.

Komponistinnen und Komponisten der Ars Electronica Forum Wallis 24  (AEFW) Selection (die andere Hälfte ist am Ende des Beitrags zu sehen). Bildkomposition: AEFW

301 Komponistinnen und Komponisten aus 51 Ländern und sämtlichen Kontinenten haben insgesamt 327 Werke eingereicht, so viele wie noch nie. Bemerkenswert ist, dass der Anteil an Werken von Komponistinnen bei den Einreichungen unter 20 Prozent liegt, bei den gekürten Werken jedoch knapp 30% beträgt. Auch war im Vergleich zu früheren Jahrgängen ein signifikant höherer Anteil an ausgewählten Werken von Komponistinnen und Komponisten aus lateinamerikanischen und asiatischen Ländern (45%) zu verzeichnen.

In die Ränge der Ars Electronica Forum Wallis 2024 Concert Selection kamen insgesamt 23 Werke. Dazu kamen 18 weitere Stücke mit Special Mention.

Concert Selection (in alphabetischer Reihenfolge)

Gabriel Araújo, Saw (BRA)
Bariya Studio (Pratyush Pushkar & Riya Raagini), Delhi Polyphones (IND/IND)
Natasha Barrett, Impossible Moments from Venice 2 (NOR/GBR)
Beau Beaumont, No Input (GBR)
Sébastien Béranger, Superflu(x) (BEL)
Alex Buck, Otherness (BRA)
Mikel Kuehn, Unlocking The Keys (USA)
Léo Magnien, un relief suspendu par transparence (FRA)
Paolo Montella, Cairo Backwards (ITA)
Cameron Naylor, Spent (GBR)
Naxal Protocol (Piero Stanig), Microinsurrezioni (ITA/SGP)
Paul Oehlers, Automaton (USA)
Lucie Prod’homme, Tu es démasqué (FRA)
Luis Quintana, Junkyard Construction (PRI)
Francesco Santagata, Overthinking – listening to music and not talking is the best, I think (ITA)
Dimitris Savva, Tranglitchuilizer (CYP)
Bernd Schumann, Kanon für 4 Lautsprecher (GER)
Sylvain Souklaye, invisible body (FRA/USA)
Mehmet Ali Uzunselvi, Iklık Park (TUR)
Frida Vasquez de la Sota / Kathia Rudametkin, Climbing (MEX/MEX)
Jorge Vicario, Poltergeist II (ESP)
Bihe Wen, unfold (CHN)
Yunjie Zhang, Le Caméléon (CHN)

Special Mention  (in alphabetischer Reihenfolge)

Giuseppe De Benedittis, sottosuolo (ITA)
Manuella Blackburn, Cupboard Love (GBR)
Maria Fernanda Castro, Arbóreo (COL)
Mauro Diciocia, Rygerfjord (ITA)
Christian Eloy, Dans les jardins de Cybèle (FRA)
Juro Kim Feliz, Kinalugarán (PHL)
Nicole Fior-Greant, un-Form 3 (CHE)
John Fireman, Lacis (USA)
Mariam Gviniashvili, Free Flow (GEO)
Andrew Lewis, Two Lakes (GBR)
Yannis Loukos, 3D Meditation (GRC)
Manolo Müller, emblematic identities (CHE)
Rodrigo Pascale, Discontinuous Meditation I (BRA)
Lucie Prod’homme, Comme un malentendu (FRA)
Paul Rudy, From one drop an ocean (USA)
Nicolas Vérin, Méditation sur l’Ukraine (FRA)
Chen Wang, Cyberspace Paradox (CHN)
Otto Wanke, Cycling (CZE)

Die Stücke der Ars Electronica Forum Wallis 2024 Concert Selection werden am 8., 9. und 10. März auf dem 16-Kanal-Akusmonium des MEbU (Münster Earport) im Rahmen des Festivals für Neue Musik Forum Wallis von Simone Conforti (IRCAM Paris) gespielt. In der Jury walteten die Japanerin Kotoka Suzuki (UTSC Toronto), der Peruaner Jaime Oliver La Rosa (Waverly Labs NYU New York), der Neuseeländer Reuben de Lautour (Canterbury University NZ) sowie der Schweizer Javier Hagen (ISCM Switzerland, Forum Wallis, Jurypräsident).

Das Forum Wallis ist das alljährlich stattfindende Festival für Neue Musik, das von der IGNM-VS, der Walliser Ortssektion der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik, organisiert wird. 2024 findet es zum 17. Mal statt.

Komponistinnen und Komponisten der Ars Electronica Forum Wallis 24  (AEFW) Selection (die andere Hälfte ist am Anfang des Beitrags zu sehen). Bildkomposition: AEFW

Andrea Bischoff wird Dozentin für Oboe an der HSLU

Das Institut für Klassik und Kirchenmusik der Hochschule Luzern – Musik (HSLU) begrüsst Andrea Bischoff per Studienjahr 2024/25 als neue Hauptfach-Dozentin für Oboe.

Andrea Bischoff. Foto: zVg

Andrea Bischoff absolvierte ihr Lehr- und Orchesterdiplom bei Louise Pellerin in Zürich und erlangte anschliessend in der Klasse von Heinz Holliger an der Musikhochschule in Freiburg im Breisgau ihr Konzert- und Solistendiplom mit Auszeichnung.

Seit 1997 ist sie Solooboistin im Luzerner Sinfonieorchester und wird vielerorts  immer wieder als Gast-Solooboistin engagiert (u.a. Camerata Salzburg, Berner Symphonieorchester, Camerata Zürich, Orchestre de Chambre de Lausanne, Philharmonia Zürich). Als Kammermusikerin ist sie unter anderem Mitglied des Heinz Holliger Oboentrios. Solistische Auftritte mit dem Kammerensemble St. Gallen, dem Zuger Stadtorchester, dem Luzerner Stadtorchester, mit La banda ANTIX, dem Luzerner Sinfonieorchester, dem Neuen Orchester Basel oder der Zuger Sinfonietta runden ihre künstlerische Tätigkeit ab. Auf historischen Instrumenten konzertiert sie mit dem Ensemble Corund und vielen anderen Kammermusik- bzw. Orchesterformationen.

Ihre langjährige Tätigkeit als Registerleiterin beim Zentralschweizer Jugendsinfonieorchester (ZJSO) und beim «Auftakt», dem Nachwuchsprojekt des ZJSO, dokumentiert schliesslich auch ihr Engagement für den künstlerischen Nachwuchs.

Ausgabe 01_02/2024 – Focus «Original»

Inhaltsverzeichnis

Focus

«Es kommen Voodoo-Touristen aus der ganzen Welt»
Interview mit Labelbetreiber und «Original» Reverend Beat-Man
Link zur Voodoo-Rhythm-Playlist auf Spotify

Historisch, Aufführung, Praxis
Reflexionen zum Stand der Alten Musik von Thomas Drescher

Suche nach dem Originalklang
Alte Musik am Département de musique ancienne in Genf
Originalartikel von Elizabeth Dobbin auf Englisch

Ein weiteres Leben geben
Musikalische Bearbeitung am Beispiel der Laute

Wie originell darf’s denn sein?
Über das (allzu?) Ausgefallene

Chatten über …
«Originale» im Geigenbau

 (kursiv = Zusammenfassung in Deutsch des französischen Originalartikels)

 

Critiques

Rezensionen von Tonträgern, Büchern, Noten

 

Echo

Città della Musica in Lugano
Der Tessiner Musik-Campus nimmt Form an

Musiklexikon der Schweiz
Fortschritte und Hindernisse für das Online-Nachschlagewerk

Salaires décents
Les démarches de la FGMC

Radio Francesco
Le loup | DerWolf

Ligeti-Labyrinth
Ausstellung in Basel

Sprung ins Ungewisse
Dritte Folge von Sonic Matter

Carte blanche
für Max Nyffeler

Basis

Artikel und Nachrichten aus den Musikverbänden

Eidgenössischer Orchesterverband (EOV) / Société Fédérale des Orchestres (SFO)

Konferenz Musikhochschulen Schweiz (KMHS) / Conférence des Hautes Ecoles de Musique Suisse (CHEMS)

Kalaidos Musikhochschule / Kalaidos Haute École de Musique

Schweizer Musikrat (SMR) / Conseil Suisse de la Musique (CSM)

CHorama

Schweizerische Gesellschaft für Musik-Medizin (SMM) / Association suisse de Médecine de la Musique (SMM)

Schweizerische Musikforschende Gesellschaft (SMG) / Société Suisse de Musicologie (SSM)

Schweizerischer Musikerverband (SMV) / Union Suisse des Artistes Musiciens (USDAM)

Schweizerischer Musikpädagogischer Verband (SMPV) / Société Suisse de Pédagogie Musicale (SSPM)

SONART – Musikschaffende Schweiz

Stiftung Schweizerischer Jugendmusikwettbewerb (SJMW)

Arosa Kultur

SUISA – Genossenschaft der Urheber und Verleger von Musik

Verband Musikschulen Schweiz (VMS) / Association Suisse des Écoles de Musique (ASEM)

 

Originalität am Original
Rätsel von Torsten Möller

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