Eine Ausgabe mit den neuesten Forschungsergebnissen, die sich aber kaum auf den Notentext auswirken.
Dominik Sackmann
- 01. Juni 2017
Foto: Rott70 / depositphotos.com
An Stücken, an denen kein Schüler, keine Schülerin vorbeikommt, wollen alle Verlage verdienen. Bachs zwei- und dreistimmige Inventionen gehören in jeden Unterricht auf einem Tasteninstrument, um, wie er selbst schrieb, «eine cantable Art im Spielen zu erlangen, und darneben einen starcken Vorgeschmack von der Composition zu überkommen». Kein Wunder, dass der Peters-Verlag nach jahrelangen Einkünften aus den Ausgaben von Carl Czerny (1840) und Ludwig Landshoff (1933) und dem Faksimile der Originalhandschrift (1942) nun wieder am Markterfolg dieser Musik teilhaben möchte.
Für Ulrich Bartels, einen ehemaligen Mitarbeiter des Bach-Instituts in Göttingen, war es ein Einfaches, den erst 2007 von seinen Kollegen fertiggestellten Kritischen Bericht zum 1970 edierten Notenband der Neuen Bach-Ausgabe auszuweiden und dazu – nach der letzten Restaurierung der Originalquelle im Jahre 2003 – weitere Spuren des Arbeitsprozesses innerhalb Bachs eigener Handschrift aufzuzeigen. Am eigentlichen Notentext änderte sich dadurch wenig – über weite Strecken folgt er im Layout wie in den Details der Bach-Ausgabe. Einzig mit Warnakzidenzien wurde weniger gespart, und in den dreistimmigen Sinfonien erleichtern Umlegungen der Mittelstimme da und dort die Notenlektüre. Darin liesse sich noch konsequenter verfahren, um endlich eine optimale, wissenschaftlich fundierte wie praktisch wirklich brauchbare Ausgabe zu erhalten.
Noch etwas: Mögen die Abschriften von Bachs Schülern Gerber und Kayser philologisch auch lediglich als Nebenquellen gelten, so wäre eine Übertragung ihrer sämtlicher Verzierungen in den Haupttext zu wünschen, um auch den heutigen Klavierspielern klar zu machen, dass solch «wesentliche Ornamente» selbst dann zur Musik gehörten, wenn noch weniger von ihnen (oder gar keine) in den Noten stünden.
Johann Sebastian Bach: 15 zweistimmige Inventionen BWV 772-786, 15 dreistimmige Sinfonien BWV 787-801, hg. von Ulrich Bartels, EP 11422, € 14.95, Edition Peters, Leipzig etc. 2015
Erweiterte Quellenlage bei Couperin
François Couperins «Pièces de Clavecin» in einer nur wenig abweichenden, aber breiter abgestützten Ausgabe.
Dominik Sackmann
- 01. Juni 2017
François Couperin, Ölgemäle eines unbekannten Künstlers, 1. Hälfte 18. Jh. Quelle: wikimedia commons
Die erneute Edition von Musik, die bereits im 18. Jahrhundert äusserst sorgfältig und unter Aufsicht des Komponisten zum Druck befördert worden ist, mag überflüssig erscheinen. Nach einigen Faksimile-Editionen, nach dem Neudruck (Jószef Gát, Schott 1969) nach der französischen Gesamtausgabe von 1933 und der weit verbreiteten Ausgabe von Kenneth Gilbert (Heugel 1972) legt nun der französische Musikforscher Denis Herlin eine weitere Version des Premier Livre von François Couperins Pièces de Clavecin (1713) vor. Für die Spielerinnen und Spieler mögen die Änderungen im Notentext gegenüber früheren Ausgaben minimal sein; denn auch hier werden die Eigenheiten des Originaldrucks, etwa unterschiedliche Bögen und das Vermeiden von Blätterstellen, beibehalten. Der genauere Blick verrät jedoch, dass diese Edition auf völlig neuer Grundlage steht: Mittlerweile ist es gelungen, 16 Auflagen (statt bisher 7) des Druckes zwischen 1713 und 1745 auseinanderzuhalten, zudem sind zahlreiche Korrekturen aus einer vollständigen und sorgfältigen Abschrift, die ein französischer Kleriker ab 1742 angefertigt hatte, einbezogen worden. Und der Blick in einen Sammeldruck von französischen Cembalostücken, der dem Erstdruck von 1713 vorangegangen war, hat ausserdem nahegelegt, erstmals ein zusätzliches Stück (das anonyme La Badine in a-Moll) sowie die frühere Variante von La Diane zu drucken. Auch wer sich mit der Notengrafik des Bärenreiter-Verlags nicht anfreunden kann und die Modernisierung der Akzidenziensetzung unnötig findet, wird in Zukunft auf diese akribische Neu-Edition dieser zentralen Werke des französischen Cembalorepertoires zurückgreifen müssen.
François Couperin: Pièces de Clavecin, Premier livre (1713), Urtext hg. von Denis Herlin, BA 10844, € 46.95, Bärenreiter, Kassel 2016
Geläufigkeitstraining aus dem 19. Jahrhundert
Die 60 Übungen von Charles Louis Hanon sind eine Geläufigkeits-, Unabhängigkeits- und Kräftigungsschule, die nach wie vor hilfreich sein kann.
Karl-Andreas Kolly
- 01. Juni 2017
Foto: Xenia B./pixelio.de
Fingerübungen sind im Klavierunterricht schon seit geraumer Zeit eher seltene und bisweilen ungern gesehene Gäste. Dies gilt sogar für das professionelle Studium. Die Folgen sind durchaus darin spürbar, dass elementarste Abläufe wie Tonleitern und Arpeggien nicht auf Anhieb gelingen wollen. Es ist also angebracht, sich darüber ein paar grundlegende Gedanken zu machen.
Nun hat die Edition Schott mit Charles Louis Hanons The Virtuoso Pianist einen Klassiker des 19. Jahrhunderts neu herausgegeben. Die 60 Übungen beinhalten eine Unmenge an Fünffingertraining, Tonleitern, Arpeggien, Oktaven- und Terzengängen und vielem mehr. Zum Abschluss wird dafür einiges versprochen: «Wenn der Schüler diesen ganzen Band durchgearbeitet hat, kennt er die grössten Schwierigkeiten der Technik. Wenn er aber (…) ein echter Virtuose werden will, so muss er während einer gewissen Zeit dieses Buch alle Tage von Anfang bis Ende durchspielen.» Nun, glücklicherweise gibt es ja verschiedene Wege nach Rom …
Selbstverständlich sind einige dieser Übungen zum Aufwärmen ganz nützlich und können bei der Bewältigung einer technischen Aufgabe auch hilfreich sein. Was aus heutiger Sicht sicher anfechtbar bleibt, ist einerseits das sture Festhalten an Unisono-Passagen. Dabei verdecken die stärkeren Finger der einen Hand die schwächeren der anderen derart, dass ein wirklich ausgeglichenes Passagenspiel nicht klar hörbar wird. (Besser also jede Hand zunächst einzeln üben!) Andererseits fehlen bei vielen Übungen genauere Hinweise zu Haltung und Bewegungsform. Manchmal sind die Anleitungen auch fraglich: Soll man Oktaven tatsächlich nur «mit Hilfe des Handgelenks» spielen? Und etwa auch die vorgeschlagenen Fingersätze für chromatische Terzläufe überzeugen kaum.
Was ist also stattdessen zu tun? Wer ähnliches Material, aber in viel übersichtlicherem Format studieren möchte, kann vielleicht zu den Exercices préparatoires von Aloys Schmitt greifen. Staubtrocken zwar, aber recht effizient! Für Fortgeschrittene empfehlen sich nach wie vor die 51 Übungen von Johannes Brahms, die nicht nur die Finger, sondern auch den Geist auf Trab halten. Aber Vorsicht: Schon Brahms selber warnte vor einigen unangenehmen Nummern!
Charles Louis Hanon: The Virtuoso Pianist. 60 Übungen zur Erzielung der Geläufigkeit, Unabhängigkeit, Kraft …, neu revidierte Ausgabe nach Alphonse Schotte, ED 22376, € 16.50, Schott, Mainz 2016
Frühklassische Einfachheit
Das Duo Praxedis hat zwei CDs mit unbekannten Originalwerken für Harfe und Klavier zusammengestellt.
Stefan Pieper
- 01. Juni 2017
Duo Praxedis. Foto: Nancy Horowitz
Originalwerke für die Besetzung Harfe und Klavier sind im heutigen Konzertrepertoire rar. Das Duo Praxedis bringt auf seiner neuen Doppel-CD einen ganzen Strauss an solchen Stücken und musste dafür viele internationale Bibliotheken aufsuchen. Pianistin Praxedis Geneviève Hug und ihre Mutter, die Harfenistin Praxedis Hug-Rütti, präsentieren auf ihrer jüngsten Produktion denn auch eine stattliche Anzahl heute eher unbekannter Tonschöpfer. Wer kennt schon noch François-Adrien Boieldieu, Francçis-Joseph Dizi, Johann Baptist Krumpholz, Guillaume Gatayes, Daniel Steibel, oder Federigo Fiorillo? Am bekanntesten dürfte schon Johann Nepomuk Hummel sein – und dessen fünf Rondoletti fungieren auf den beiden CDs als Bindeglieder, die jeweils mit den ein- oder mehrsätzigen Duett-Kompositionen seiner Zeitgenossen kontrastieren.
Das Konzept geht auf: Die beiden Interpretinnen können ihre ganze stilistische Wendigkeit hier in einem frischen Umfeld entfalten. Sie überbieten sich in sprühender, uneitler Spielfreude. Was kein Widerspruch ist zu einer extrem detailscharfen Präzision. Also gerät man zuverlässig ins Staunen und Schwelgen angesichts der unverbrauchten Frische, die aus dem Esprit frühklassischer Melodik so vielgestaltig hervorgeht.
Die vordergründige «Einfachheit» der frühklassischen Ausdrucksästhetik wirkt hier als grosser Reichtum – eben weil beide Interpretinnen so viel Leidenschaft und Ehrlichkeit daraus schöpfen. Filigran und fein verästelt entfalten sich die Tongirlanden der Harfe von Praxedis Hug-Rütti, während Praxedis Geneviève Hug mit ihrem vitalen Klavieranschlag für lebendigen Vortrieb sorgt. Das kommt mal liedhaft-fröhlich, über weite Strecken auch spritzig-rasant, dann wieder zart-melancholisch daher. Diese musikalischen Dialoge sind Einklang und nie Konfrontation.
Mannigfaltige melodische Geniestreiche, humorige Pointen und ganz viel Anmut – dies alles floss den Komponisten dieser Zeit aus der Feder. Diese Musik soll kommunikatives Miteinander und nie Selbstdarstellung sein. Das Duo Praxedis hat dieses Prinzip intuitiv erfasst – und erzeugt damit lichtdurchflutete Sternstunden mit Suchtfaktor! Auch die hervorragende klangliche Transparenz dieser Produktion rundet das Reifestadium dieses Ausnahme-Duos überzeugend ab.
Grand Duet: Originalwerke für Harfe und Klavier. Duo Praxedis (Praxedis Hug-Rütti, Harfe; Praxedis Geneviève Hug, Klavier. Ars Produktion 2016
Classical:NEXT in Rotterdam
Das diesjährige internationale Branchentreffen für den Klassiksektor in Rotterdam brachte wiederum rund 1200 Teilnehmende aus 45 Ländern im Kulturzentrum De Doelen in Rotterdam zusammen.
Anna E. Fintelmann
- 01. Juni 2017
Das Rotterdamer Kulturzentrum De Doelen. Foto: Classical:NEXT/Rien van Rijthoven
An vier Tagen wurde in Panels diskutiert, an Foren abgestimmt und in Netzwerktreffen zusammengesessen. Showcases brachten neue Musikprojekte aus Klassik, Indie, Crossover und weiteren Musikfeldern auf die Bühne und an die Agenturen.
Wie steht es um die Zukunftsfähigkeit des Sektors? Welche Trends gilt es nicht zu verschlafen? Wie kann das Publikum von morgen und übermorgen identifiziert, angesprochen und einbezogen werden? Ist Streaming der letzte Schrei? Gibt es eine Zukunft im Musikjournalismus? Wie divers ist der Musiksektor in der Realität? Welche Finanzierungsmöglichkeiten gibt es für europäische Kooperationsprojekte? Diese und viele andere Themen wurden von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern diskutiert.
Die Schweizer Musikszene war am Gemeinschaftsstand der Fondation Suisa vertreten, eine Gelegenheit, von der noch viel stärker Gebrauch gemacht werden könnte, sind die Konditionen doch vergleichsweise niedrig und die Betreuung äusserst professionell und sympathisch.
Wie in den Vorjahren war die Vokalszene wiederum unterdurchschnittlich anwesend, sowohl bei Promotoren wie auch bei den vorgestellten Musikprojekten. Dies ist umso erstaunlicher, als dass es sich bei dem Bereich vokales und chorisches Musizieren um einen Wachstumsmarkt handelt. Immerhin wurde ein Workshop vom Tenso-Netzwerk (The European network for professional chamber choirs) mitveranstaltet («Conneting People – Choral Music and More»), an welchem das bemerkenswerte Votum fiel: «Chormusik ist die Sinfonik des 21. Jahrhunderts.»
Die nächste Ausgabe des Branchentreffs findet vom 16. bis 19. Mai 2018 in Rotterdam statt.
Sensibilisieren für Musik – sensibilisieren mit Musik: Schon vor der Geburt, von Amtes wegen, im Wald und in Afrika.
SMZ
- 01. Juni 2017
Sensibilisieren für Musik – sensibilisieren mit Musik: Schon vor der Geburt, von Amtes wegen, im Wald und in Afrika.
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Focus
La musique pour sensibiliser Un projet sensibilise à l’éducation au travers de la création de chansons
Wann beginnt lebenslanges Lernen? Das Hören beginnt bereits im Mutterleib. Spricht das für «pränatalen Musikunterricht»?
Die Offenheit gegenüber den Erscheinungen wecken Interview mit Urs Frauchiger
Créer un lien entre l’oeuvre et le public Dans le Canton de Vaud, il existe un « Fonds cantonal de sensibilisation à la culture »
Seit Januar 2017 setzt sich Michael Kube für uns immer am 9. des Monats in die Reihe 9 – mit ernsten, nachdenklichen, aber auch vergnüglichen Kommentaren zu aktuellen Entwicklungen und dem alltäglichen Musikbetrieb.
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2016 hat die Suisa 154,3 Millionen Franken eingenommen. Damit kann sie heuer 128,9 Millionen Franken an Komponisten, Textautoren und Verleger von Musik im In- und Ausland verteilen, mehr als jemals zuvor in der über 90-jährigen Geschichte der Genossenschaft.
Musikzeitung-Redaktion
- 31. Mai 2017
ALPIX / pixelio.de
im Vergleich zum Vorjahr beträgt der Zuwachs 1,6 Prozent. Das gute Ergebnis stamme aus höheren Einnahmen vor allem aus der Musiknutzung auf privaten Radio- und TV-Sendern, aus den Vergütungen für die Privatkopie sowie aus dem Online-Bereich, schreibt die Suisa. Für Online-Nutzungen von Musik nahm die Suisa letztes Jahr 6,1 Millionen Franken ein, 10,7 Prozent mehr als im Vorjahr (5,6 Millionen Franken). 2016 waren erstmals die Einnahmen aus Streaming höher als jene für Download.
Die Suisa (die Abkürzung steht für «Suisse Auteurs») nimmt die Rechte im Online-Bereich zunehmend grenzüberschreitend direkt wahr. Mit der Gründung des Joint Ventures Mint Digital Services mit der US-Organisation Sesac hat sie dieses Jahr einen Schritt unternommen, um die Interessen ihrer Mitglieder im Online-Bereich besser vertreten zu können. Mit dem Major-Verlag Warner/Chappell Music hat Mint bereits einen wichtigen Grosskunden gewonnen.
Die Suisa hat ihren Kostenabzug im letzten Jahr auf 12,37 Prozent leicht gesenkt. Somit werden rund 88 von 100 eingenommenen Franken an die Urheber und Verleger verteilt. Das Jahresergebnis zeuge auch «von erfolgreichen Verhandlungen für Tarife und Nutzungsbedingungen ebenso wie von verlässlichen Kunden und Geschäftspartnern», so die Suisa weiter.
Petition «Hände weg von den Spartenradios!»
Eine Motion der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats (KVF-N) will sechs Spartensender der SRG abschaffen. Für die Schweizer Musikschaffenden hätte dies nach Überzeugung der Musikverbände verheerende Folgen.
Musikzeitung-Redaktion
- 30. Mai 2017
Screenshot Petitionswebseite
Streichen will die Motion der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats (KVF-N) namentlich Radio Swiss Pop, Radio Swiss Classic, Radio Swiss Jazz, Radio SRF Virus, Radio SRF Musikwelle und Radio RTS Option Musique.
Gerade die Spartensender förderten die Schweizer Musik in hohem Mass, schreiben die Initianten der Petition. Die Spartensender kämen auf einen Anteil von bis zu 50 Prozent gespielter Schweizer Musik. Gesamthaft gesehen seien es bei allen SRG-Sendern insgesamt 20 Prozent. Zudem seien sie mit ihrer Berichterstattung über die aktuelle Schweizer Musikszene für Schweizer Künstler unersetzlich.
Die Petition wird unter anderem mitgetragen von: Schweizer Musikrat / Musikschaffende Schweiz / Schweizer Musiksyndikat / Schweizer Tonkünstlerverein / Schweizerischer Musikerverband SMV / Helvetia Rockt / IndieSuisse / IFPI / Schweizer Interpretengenossenschaft SIG / Eidgenössische Jodlerverband EJV / Schweizerischer Blasmusikverband SBV / Schweizerische Chorvereinigung SCV / Verband Schweizer Volksmusik VSV.
Der Bund unterstützt vier der fünf Anträge der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) für Doktoratsprogramme mit Partnerhochschulen. Die ZHdK möchte in Zukunft aber auch eigenständige Doktoratsprogramme durchführen.
PM/Codex flores
- 24. Mai 2017
Foto: Chris Bentley/flickr.com
2016 durchliefen die Forschungsinstitute der ZHdK im Auftrag des Fachhochschulrats erstmals eine Evaluation. Dabei wurde ihr auch im internationalen Vergleich ein exzellentes Zeugnis ausgetellt. Ein neu lanciertes Projekt soll nun die Verbindung von Forschung und Lehre weiter stärken. In Arbeit ist zudem die Weiterentwicklung des Professorenstellenmodells. Ziel ist die klarere Profilierung der Professorenstellen an der ZHdK.
2016 wurde an der ZHdK an 67 Forschungsprojekten gearbeitet und rund ein Drittel davon abgeschlossen. 40 Prozent der Forschungsausgaben in der Höhe von rund 10 Millionen Franken konnten über Drittmittel finanziert werden. Wichtige Beitraggeber waren der Schweizerische Nationalfonds SNF, die Kommission für Technologie und Innovation KTI und private Stiftungen.
Positiv bewertet werden in den Gutachten der Forschungseinheiten insbesondere auch die Doktoratsprogramme, welche die ZHdK in Kooperation mit internationalen Partnern führt. Während der Projektlaufzeit 2017 bis 2020 kooperiert die ZHdK dabei mit der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, der University of Reading und der Kunstuniversität Linz. Ein weiteres Programm wird gemeinsam mit der ETH und der Universität Zürich durchgeführt.
Die ZHdK plant die Errichtung und Vergabe eines Ehrentitels, mit dem herausragende Leistungen von Persönlichkeiten, die sich um die Künste und das Design in besonderer Weise verdient gemacht haben, honoriert werden sollen. Anstelle des universitären Ehrendoktorates, des Dr. h.c., soll der «Honorary Companion ZHdK» treten. Die erste Vergabe ist auf den Hochschultag 2017 im Oktober vorgesehen.
Mord an einer Diva
Das Theater St. Gallen zeigt seit dem 6. Mai David Philip Heftis erste Oper «Annas Maske». Die Musik und die Inszenierung setzen den dramatischen Stoff distanziert um.
Musikzeitung-Redaktion
- 23. Mai 2017
Foto: Iko Freese (Theater St. Gallen),Foto: Iko Freese (Theater St. Gallen)
Ein toller Opernstoff, der selber von Oper erzählt und erst noch auf wahren Begebenheiten (und Gerüchten) beruht: Am 29. Juni 1910 erschoss der Dirigent Dr. Aloys Obrist seine ehemalige Geliebte Anna Sutter und danach sich selber in deren Wohnung an der Schubartstrasse 8 in Stuttgart. Die Sängerin sei an jenem Morgen gerade mit ihrem neuen Liebhaber, dem Bassbariton Albin Swoboda, intim gewesen, als Obrist sie überraschend besuchte. Swoboda versteckte sich in einem Schrank. Nachdem Sutter Obrists Liebesbeteuerungen einmal mehr von sich gewiesen hatte, kam es zu den Schüssen. Der Fall erregte Aufsehen, denn die Sutter war der gefeierte Star der Stuttgarter Oper, etwa als lustige Witwe, Salome und Carmen. Und so berichtete denn die Schwäbische Kronik: «Frln. Sutter liegt im Bett, den rechten Arm weit ausgebreitet, und den linken, der durch die Kugeln verletzt wurde, zusammengebogen. Wie in Carmen, ihrer Hauptrolle, lag sie da.» Zehntausend Menschen nahmen an der Beerdigung teil, und der Schicksalsbrunnen von Karl Donndorf erinnert heute noch im Schlossgarten an den Vorfall. In Vergessenheit geriet er in Stuttgart nie.
2001 gab es dort eine Ausstellung; im gleichen Jahr erschien die Novelle Annas Maske von Alain Claude Sulzer, und auf ihr basiert nun auch die gleichnamige Oper des in St. Gallen geborenen Komponisten David Philip Hefti. Da Anna Sutter selber aus Wil stammte, verfügt dieses neue Stück gewissermassen über doppeltes Heimatrecht in St. Gallen, wo es nun am 6. Mai uraufgeführt wurde (weitere Aufführungen bis 3. Juni). Sulzers Libretto erzählt die Vorgeschichte der Tat, die Aufdringlichkeiten Obrists, seine Entlassung aus dem Theaterdienst, die Liebeleien Sutters und schliesslich die Tat selber – dies in zehn Szenen, umgeben von Pro- und Epilog. Dass Sutters Zofe Pauline und Polizeiinspektor Heid danach ein Paar wurden, bildet den Rahmen.
Kluger klanglicher Aufbau
Hefti hatte mit seinem Opernerstling, wie er betont, dreimal soviel Musikzeit zu bewältigen wie je in einer Komposition; und er hat sie gekonnt, kurzweilig und übersichtlich gestaltet. Seine Musik klingt transparent, kommt ohne Hektik daher und verschiesst ihr Pulver nicht allzu früh; im Gegenteil: Sie entwickelt sich über die neunzig Minuten hinweg kontinuierlich auf den eindringlichen Schluss hin. Dort steht ein instrumentaler Epilog, der sich nochmals heftig hinaufschraubt, eine «Schicksalsmusik», wie Hefti sie nennt. Da zeigt sich seine reiche Erfahrung im Umgang mit dem Orchesterapparat. Das Sinfonieorchester St. Gallen steigert sich dabei unter der Leitung von Otto Tausk nochmals auf intensive Weise.
Was Hefti im Orchestergraben treibt und wie er dazu den kleinen Chor nicht agierend, sondern über der Handlung als statischen Kommentator verstärkend einsetzt, verhilft dem Stück zu einer starken Wirkung. Geschickt verwendet er überdies die Perkussionselemente, um Stimmungen zu zeichnen, aber auch als Continuo für den Gesang. Hefti erzählt im Programmheft, wie er bei der kompositorischen Arbeit immer stärker ins Genre hineingewachsen sei. «Ich finde, das merkt man der Oper an. Der erste Teil besteht aus grossen Szenen, in denen das Wort viel Gewicht hat und die Handlung vorbereitet ist. Ungefähr ab der Hälfte bekommt die Musik mehr Raum, dürfen die Klänge sich ausdehnen und atmen.»
Fehlende Stimmgewalt
Das ist die Stärke des neuen Stücks, verweist aber gleichzeitig auch auf seine Schwächen. Zu wenig charakteristisch bleibt das Vokale, das Singen/Deklamieren, das Recitar cantando, das aus der Sprache heraus zu einer emotionalen Spannung führen sollte. In dieser Hinsicht wirkt die Oper vergleichsweise flach. Man horcht zwar auf, wenn sich Obrist (Daniel Brenna) zu fast puccinihaften und kitschverdächtigen Kantilenen aufschwingt, man bemerkt, wenn sich ein Carmen-Zitat beimengt, aber das wirkt zu konzipiert, nicht durchdrungen und erlebt. So klar und sangbar die Sprache daherkommt: Darüber hinaus passiert zu wenig. Maria Riccarda Wesseling überzeugt als Anna Sutter, aber ich hätte ihr gewünscht, dass sie zum Beispiel etwas mehr Divenhaftigkeit auch in der Stimme ausspielen dürfte. Schliesslich bleibt das Stück über weite Strecken zu realistisch oder vielleicht sogar zu ehrlich, arbeitet die Konflikte, das Gruselige ebenso wie das Pathetische, nicht genügend aus. Es kommt insgesamt (auch vom Libretto her) zu gediegen und nüchtern daher, so als wolle es das Wesentliche nicht berühren. Ein bei Thornton Wilder abgeguckter Regietrick, keine Requisiten (wie Blumen etwa) zu verwenden, sondern sie nur anzudeuten, verweist gerade auf dieses Manko. Der von der Regisseurin Mirella Weingarten entworfene, mehrstöckige Bühnenraum wirkt in seiner Geometrie kühl, verdichtet die Situation aber nicht – und ähnlich distanziert kommen die Stimmen rüber. Diese Oper verpasst so ausgerechnet das Opernhafte, das überwältigende «Kraftwerk der Gefühle» (Alexander Kluge), das der Stoff doch so offensichtlich in sich trägt.
Foto: Iko Freese (Theater St. Gallen)
Maria Riccarda Wesseling, Beate Vollack, Daniel Brenna
2016 hat die Hochschule Luzern – Musik (HSLU-M) 300 Master diplomiert und 234 Bachelor. Die Kosten gingen leicht zurück. 75 Personen waren in einem Weiterbildungslehrgang, Zweidrittel der Dozierenden weiblichen Geschlechts.
PM/Codex flores
- 23. Mai 2017
Foto: Hochschule Luzern – Musik
Die HSLU-M zählte 2016 136 Lehrpersonen mit einem Arbeitspensum von mehr als 20 Prozent, 32 Prozent davon waren Frauen. Hinzu kamen 34 Assistierende und wissenschaftliche Mitarbeitende sowie 33 Personen in Administration und Technik.
2016 liefen an der HSLU-M 7 Forschungsprojekte, von denen 3 hauptsächlich durch die KTI oder den Nationalfonds alimentiert werden. Die Zahl der Projekte ist im Verlauf von 5 Jahren stark zurückgegangen. 2012 waren es noch 25. Mit 25,354 Millionen Franken lagen die Kosten der HSLU-M 2016 leicht unter dem Vorjahr (25,676 Millionen Franken).
Das Studienangebot der HSLU-M umfasst die Bereiche Klassik, Jazz, Kirchen- und Volksmusik, Musikpädagogik sowie Musik und Bewegung. Spezialisierungen sind beispielsweise in Neuer Musik, Komposition, Improvisation, Musiktheorie, Dirigieren/Schulmusik oder Kammermusik möglich.
Bühnenerfahrung können die Studierenden dank Kooperationen mit dem Lucerne Festival, dem Luzerner Sinfonieorchester, dem Luzerner Theater oder der Jazzkantine Luzern machen. Zusätzliches Profil besitzt die Hochschule Luzern – Musik im Bereich der musikpädagogischen Forschung sowie bei der Beantwortung von Forschungsfragen zur Aufführungspraxis.
Dresdner Sinfoniker in den USA auf Kollisionskurs
De US-Behörden verweigern dem Projekt «Tear Down This Wall!» der Dresdner Sinfoniker die Genehmigung. Das Orchester wollte in Tijuana und San Diego in Kooperation mit Amnesty International Mexico «eine musikalische Brücke für Freiheit und Völkerverständigung» schlagen.
Musikzeitung-Redaktion
- 22. Mai 2017
Zaun zwischen Tijuana, Mexiko (re), und San Diego, USA. Foto: Sgt. 1st Class Gordon Hyde/wikimedia
Ort und Anlass des Projektes ist die von Präsident Donald Trump geplante Mauer, die zwischen den USA und Mexiko errichtet werden soll und die an vielen Stellen bereits existiert. Mit der Absage der USA werde das geplante grenzübergreifende Zusammenspiel US-amerikanischer Künstler mit den Dresdner Sinfonikern und mexikanischen Musikern verhindert, schreibt das Orchester. Das eintrittfreie Konzert am 3. Juni soll nun ausschliesslich auf mexikanischer Seite stattfinden.
Die Dresdner Sinfoniker rufen nun insbesondere auch US-amerikanische Künstler, Musiker und gleichgesinnte Menschen auf, sich am gleichen Tag mit eigenen Aktionen oder Flashmobs an der gesamten 3144 km langen Grenze zu beteiligen. Das Verbot der Behörden beschränke sich nämlich ausschliesslich auf das Konzert der Dresdner Sinfoniker im Friendship Park/San Diego. Jeder sei eingeladen mitzumachen und Videos der eigenen Aktion über einen Hashtag zu teilen.
Das Kulturvermittlungsprogramm Kultur und Schule bietet den Schülerinnen und Schülern im Kanton Freiburg die Möglichkeit, an Konzerten, Vorführungen und Workshops teilzunehmen. Teil der Initiative ist das erste Festival Kultur & Schule FKB, das vom 15. bis 19. November 2017 stattfindet.
Musikzeitung-Redaktion
- 19. Mai 2017
Logo des Programms,SMPV
Dieses Jahr werden über 6000 Schülerinnen und Schüler am Festival erwartet. Dank der Unterstützung durch die Freiburger Kantonalbank werden die Schulvorführungen für die Klassen ausnahmsweise gratis sein. Um den Besuch der Vorführungen zu fördern, konnten zudem dank der Partnerschaft mit den TPF die Kosten für den öffentlichen Verkehr erheblich gesenkt werden.
Nach der im September 2016 gestarteten Ausschreibung hat das Projekt Kultur & Schule für sein Jahresprogramm rund 60 Vorschläge von über 30 Kulturveranstaltern, hauptsächlich aus Freiburg, erhalten. Davon sind bereits über 40 Vorführungen, Konzerte, Workshops oder Führungen in Deutsch und in Französisch auf dem Webportal des Programms veröffentlicht und werden von den Schülerinnen und Schülern aller HarmoS-Stufen rege genutzt.
Das Angebot wird mehrmals im Jahr auf den neuesten Stand gebracht und erweitert. Die Schulklassen können pro Schuljahr jeweils ein kulturelles Angebot zu einem ermässigten Preis nutzen.
2016 wurden in der Schweiz in der Sparte Musik und Festivals 245 Crowdfunding-Projekte realisiert. Die durchschnittliche Summe, die dabei eingeworben wurde, belief sich laut der Studie «Crowdfunding Monitoring Schweiz» des Instituts für Finanzdienstleistungen Zug IFZ und der Hochschule Luzern auf knapp 7600 Franken.
Musikzeitung-Redaktion
- 18. Mai 2017
Foto: Maja Dumat/pixelio.de
Die durchschnittlich erzielten Kampagnensummen variieren laut der Studie innerhalb der Kategorien sehr stark (zwischen 5700 Franken in der Kategorie «Tanz, Theater» und 111’296 Franken in der Kategorie «Technologie, Business, Start-up»). Die durchschnittlichen Finanzierungssummen einer «Musik, Konzerte, Musik-Festivals»-Kampagne und einer Kampagne im Bereich «Sport, Gesundheit» lagen bei knapp 7600 Franken. Bei «Gesellschaft, Soziale Projekte» lag dieser Wert bei 9‘200 Franken.
Die Studienautoren erwarten für 2017 ein weiteres Wachstum des Crowdfunding-Markts mit einem Volumen von 300 bis 400 Millionen Franken. «Insbesondere die Anbieter im Bereich Real Estate Crowdinvesting, im Bereich KMU Crowdlending sowie Crowdlending für Hypotheken werden das Volumen überdurchschnittlich steigern», sagt Dietrich. Hohes Wachstum erwartet er auch im Crowdsupporting im Bereich Sport: «Insbesondere Vereine entdecken Crowdfunding vermehrt als Finanzierungquelle, zum Beispiel für neue Sportgeräte, Hallen- oder Platzrenovationen.»
Trio Rafale gewinnt Preis der Deutschen Schallplattenkritik
Die Deutsche Schallplattenkritik hat dem Schweizer Klaviertrio Rafale in der Kategorie Kammermusik für seine CD mit Frühwerken einen ihrer Vierteljahrespreise zugesprochen.
Musikzeitung-Redaktion
- 17. Mai 2017
Trio Rafale (Bild: Peter Fischli)
Das Trio Rafale ist mit internationalen Preisen bereits hochdotiert. Es hat 2014 im Londoner Kammermusiktempel Wigmore Hall debütiert, 2015/16 in der Berliner Philharmonie und 2016 am Lucerne Festival. 2016 ist es auch ins Mentoring-Programm des Beethoven-Hauses Bonn aufgenommen worden.
Seine Debüt-CD mit Werken von Schumann und Ravel ist 2012 unter dem Label monton erschienen. Eine zweite mit Werken von Vasks und Brahms folgte 2013 bei Acousence. Die CD «Frühwerke» ist diesen Februar bei Coviello Classics erschienen.
Insgesamt haben diesmal 155 Juroren des Preises der deutschen Schallplattenkritik (PdSK e.V.) in 32 Kategorien die Neuerscheinungen der Ton- und Bildtonträgern des letzten Quartals gesichtet und bewertet. 256 Titel waren für die Longlist nominiert. 27 Titel daraus setzten sich durch.