Am Finalkonzert vom 23. April im Rahmen des Musikwettbewerbes The Muri Competition wurden die beiden Sieger erkoren: der Italiener Enrico Bassi in der Kategorie Fagott und Leonid Surkov aus Russland in der Kategorie Oboe.
PM/SMZ
- 24. Apr. 2023
Enrico Bassi (links) und Leonid Surkov. Foto: The Muri Competition
Der Musikwettbewerb fand dieses Jahr bereits zum vierten Mal statt. Er gilt als der grösste Wettbewerb der Welt für die beiden Holzblasinstrumente Oboe und Fagott. Gegründet wurde The Muri Competition 2013 von Renato Bizzotto, Matthias Rácz und Martin Frutiger.
Dieses Jahr hatten sich 400 Kandidatinnen und Kandidaten angemeldet, von denen sich 102 für die Endrunden qualifizierten. Die Finalrunden am 23. April bestritten zwei Finalistinnen und 4 Finalisten:
Renato Bizzotto, der Gesamtleiter des Wettbewerbs, stellt fest: «Das künstlerische Niveau der diesjährigen Austragung war sehr hoch und es ist der Jury nicht leicht gefallen, die richtigen Gewinnerinnen und Gewinner zu bestimmen.» Mit The Muri Competition baut Muri seine Position als Kulturzentrum konsequent aus.
Neues Nidwaldner Musik-Förderprogramm
Nach den Sommerferien startet das neue kantonale Förderprogramm für junge Musiktalente. 20 Musikschülerinnen und -schüler haben sich am 1. April im Schulhaus Grossmatt in Hergiswil mit einem Vorspiel dafür beworben. 11 wurden in das Programm aufgenommen.
Musikbegabtenförderung Nidwalden
- 14. Apr. 2023
Fabio Barmettler am Marimbafon. Foto: Toni Rosenberger
«Die Musiklehrpersonen, welche an unseren Musikschulen unterrichten, leisten hervorragende Arbeit», sagt Michael Schönbächler, Präsident des Verbandes Musikschulen Nidwalden. Daraus resultiere die erfreulich hohe Anzahl Anmeldungen für die Aufnahmeprüfung der Begabtenförderung. Das Niveau der Vorträge sei in etwa vergleichbar mit demjenigen in anderen Kantonen, so Schönbächler weiter.
Klassik, Pop und Jodel
Ebenso vielfältig wie die Instrumente waren die Musikstücke, welche die gut vorbereiteten Musikschülerinnen und -schüler vorspielten. Rock und Pop, Klassik und Volksmusik begeisterten die Jury, die am Ende des Tages diejenigen Kandidatinnen und Kandidaten bestimmte, die in das Förderprogramm aufgenommen werden.
Hohe Motivation
Die Musiktalente sind zwischen 10 und 18 Jahre alt und zeichnen sich durch eine hohe Leistungsbereitschaft aus. Neben der Schule besuchen sie den Instrumental- oder Gesangsunterricht, machen in Ensembles oder Orchestern mit und treten bei Konzerten auf. Auch die Teilnahme an regionalen und nationalen Wettbewerben steht auf dem Programm. Tägliches Üben ist für sie eine Selbstverständlichkeit. «Wir verlangen viel Engagement von unseren Talenten. Diese bringen jedoch eine hohe Motivation mit, denn die Musik hat bei ihnen einen grossen Stellenwert», sagt Toni Rosenberger, Geschäftsführer der Begabtenförderung.
Erster Jahrgang
Nach den Sommerferien startet das Programm für die aufgenommenen Talente. Neben dem zusätzlichen Instrumental- oder Gesangsunterricht besuchen sie Theorieunterricht und weitere Kurse. «Wir freuen uns nun auf den ersten Jahrgang Nidwaldner Musiktalente und sind gespannt, wie das Programm anläuft», bilanziert Michael Schönbächler.
Jubiläumskonzerte des Konus Quartetts
Das auf zeitgenössische Musik spezialisierte Berner Saxofonquartett bringt zur Feier seines zwanzigjährigen Bestehens Anfang Mai vier eigens für das Ensemble geschriebene Stücke zur Uraufführung.
Konus Quartett/SMZ
- 14. Apr. 2023
Das Konus Quartett mit Christian Kobi, Fabio Oehrli, Stefan Rolli und Jonas Tschanz (v.l.). Foto: Livio Baumgartner
Das Konus Quartett besteht aus den Berner Musikern Christian Kobi, Fabio Oehrli, Jonas Tschanz und Stefan Rolli. Es ist seit seiner Gründung 2003 auf die neuste zeitgenössische und experimentelle Musik spezialisiert. Das international renommierte Ensemble arbeitet intensiv mit Musikschaffenden der Gegenwart zusammen und hat zahlreiche Werke zur Uraufführung gebracht, beispielsweise vom Aargauer Komponisten und Schweizer Musikpreisträger Jürg Frey.
Zur Feier seines 20-jährigen Bestehens präsentiert Konus an drei Konzertabenden in Bern eine abwechslungsreiche Werkschau, die das Publikum in den musikalischen Kosmos des Quartetts einlädt: Das Ensemble hat für das Jubiläum vier Stückaufträge vergeben an Persönlichkeiten, die für die künstlerische Entwicklung besonders prägend waren in der bisherigen Zusammenarbeit. Zur Uraufführung kommen in Bern Stücke von der in Berlin lebenden kanadischen Komponistin Chiyoko Szlavnics, vom Zürcher Elektronikmusiker und Komponisten Tomas Korber zusammen mit dem österreichischen Schlagzeuger und Komponisten Martin Brandlmayr, von Klaus Lang und von amerikanischen Komponisten und Klangkünstler William Dougherty. Sie alle sind während der Aufführung ihrer Stücke jeweils anwesend.
Ein Programm, das in die Zukunft blickt, ohne die Vergangenheit zu überhören – so verwebt beispielsweise das Konzept des österreichischen Organisten und Komponisten Klaus Lang den präzis-minimalistischen Klang des Konus Quartetts mit dem eindrücklich-archaischen Gesang des georgischen Frauenchors aus Gori. Auch zu Gast ist das Streichquartett Quatuor Bozzini, das als eines der besten der Welt gilt – es spielt zusammen mit dem Konus Quartett die Uraufführung der neuen Komposition von Chiyoko Szlavnics.
Das Programm im Detail
Interlaced Resonances: Freitag, 5. Mai 2023, Bern, Aula im PROGR, 19.30 Uhr
Das Konus Quartett spielt mit dem Quatuor Bozzini das neu komponierte Werk von Chiyoko Szlavnics (UA), sowie Continuité, fragilité, résonance von Jürg Frey.
Voltage Cracklings: Samstag, 6. Mai 2023, Bern, Aula im PROGR, 19.30 Uhr
Das Konus Quartett spielt zusammen mit den beiden Musikern Martin Brandlmayr (Schlagzeug) und Tomas Korber (Elektronik), eine kollektive Komposition (UA). Ausserdem präsentiert das Quartett unter Einbezug von Live-Elektronik ein neues Stück von William Dougherty (UA).
Air Vibrations: Sonntag, 7. Mai 2023, Bern, Kirche St. Peter und Paul, 19.30 Uhr
Das Konus Quartett spielt zusammen mit dem Gori Women’s Choir und Tamriko Kordzaia (Synthesizer) eine Komposition von und mit Klaus Lang (UA).
Mitte März brachte der Chor viril Surses das Konzertprojekt «Rieischs» in Savognin, Chur und Bern zur Aufführung.
Sibylle Ehrismann
- 13. Apr. 2023
Rainer Held bei einer der Schlussproben mit Flurin Caduff und der Kammerphilharmonie Graubünden. Foto: zVg
Rainer Held, der diesen öfter an Sängerfesten ausgezeichneten, altehrwürdigen Bündner Chor leitet, hatte schon 2018 zu planen begonnen. Die Corona-Pandemie legte das Projekt «Rieischs» (dt. Wurzeln) aber vorübergehend lahm. Nun endlich konnte es der Chor viril Surses mit der Kammerphilharmonie Graubünden und dem Bassbariton Flurin Caduff als Solist einer breiten Öffentlichkeit präsentieren.
Neues Werk für zeitloses Heimatgefühl
Die Idee war von Anfang an, romanisches Liedgut zum Thema «Wurzeln» nicht nur von einst, sondern auch von heute sinfonisch zu bearbeiten. Das Hauptwerk, welches der Chor dafür in Auftrag gab, ist eine 40-minütige Neukomposition von Philip Henzi und trägt den Titel Rieischs Surmiranas. Die Gegend, aus der der Chor kommt, wird «Surmeir» genannt. Henzi ist ein sehr versierter Komponist und Arrangeur, er leitet das Swiss Jazz Orchestra und ist Dozent für Jazz an den Musikhochschulen in Bern und Lausanne.
Für dieses Stück machte sich zuerst eine kleine Gruppe von Sängern auf die Suche nach geeigneten Volksliedern. Aus 20 wurden sieben ausgewählt und von Henzi für sein Werk arrangiert. Zwischen diese sieben Arrangements eingeflochten wurden drei neue A-cappella-Kompositionen, welche der Männerchor bei jungen Bündner Musikschaffenden in Auftrag gab: Katharina Mayer (*1982), Mario Pacchioli (*1981) und Flavio Bundi (*1987). Vertont wurden Gedichte der jungen Bündnerin Dominique Caglia-Dosch (*1995).
Nach und nach entstand so ein Gesamtwerk mit der Dramaturgie «Die Heimat lobsingen – in die Fremde gehen – dort leben und Wurzeln schlagen oder mit grossem Heimweh und Sehnsucht nach Hause kommen – die Heimat wieder lobsingen». Das Thema Heimatliebe ins Zentrum zu stellen, passt bestens zu den Bündnern. Sie haben nicht nur ein wunderschönes Zuhause in den Bergen, sondern besingen dieses bis heute auch freudig.
Beeindruckende Gesamtheit
Die Aufführung vom 17. März in der ausverkauften Martinskirche Chur geriet zu einem echten Ereignis. Die Klangkraft und Agilität des Chores war beachtlich, und die romanische Sprache verlieh der Musik einen leicht archaischen Tonfall. Flurin Caduff setzte sich vom sonoren, unter den Registern gut ausbalancierten Chorklang mit seinem warm strahlenden Bass-Bariton eindrücklich ab.
Henzis Umgang mit den traditionellen Liedern ist von erfrischender Einfachheit und harmonischer wie rhythmischer Raffinesse. Chor und Orchester meisterten diese Musik jedenfalls bestens. Und die drei neuen A-cappella-Stücke trugen zwar je eine eigene Handschrift, fügten sich aber stimmig ins Ganze. Das Publikum bedankte sich für diesen originellen und beeindruckenden Abend mit einer Standing Ovation. Radio SRF hat das Konzert aufgezeichnet.
Gisela Gronemeyer an Ostern gestorben
Gisela Gronemeyer, Musikjournalistin und Verlegerin der «MusikTexte», ist am 9. April 2023 in Köln im Alter von 68 Jahren gestorben.
SMZ
- 12. Apr. 2023
depositphotos.com
Wie der Verlag MusikTexte schreibt, hat Gisela Gronemeyer seit dessen Gründung 1983 als Autorin, Übersetzerin und Herausgeberin «einen einzigartigen Fundus von Schriften zur Neuen Musik geschaffen.» Sie hat sich auch jahrzehntelang für das Schaffen von Komponistinnen eingesetzt
Die 25. Ausgabe des Musikfestivals m4music vermochte mehr Publikum und Professionals anzuziehen denn je. Der Event will auch zukünftig auf Themen wie Diversität und Nachhaltigkeit setzen.
Michael Gasser
- 12. Apr. 2023
Anuk Schmelcher gewann die diesjährige Demotape Clinic. Foto: Flavio Leone
Das Popmusikfestival des Migros Kulturprozents, m4music, hat bei seiner 25. Ausgabe nochmals zugelegt: Der zweitägige Event im Zürcher Schiffbau zog diesen März fast 1500 Professionals und insgesamt über 6000 Musikfans an. Dass man im Vergleich zum Vorjahr rund 2000 Gäste mehr begrüssen durfte, freut Festivalleiter Philipp Schnyder von Wartensee. «Bezüglich unserer Kapazitäten sind wir jetzt allerdings nahe am Plafond.» Ob man noch ein weiteres Wachstum anstreben solle, sei eine der zentralen Fragen, die es in den kommenden Monaten zu beantworten gelte.
Präsenz in der lateinischen Schweiz
Laut Schnyder war die diesjährige Festivalausgabe ausgesprochen schön, bunt und nicht zuletzt äusserst divers. «Dies spiegelte sich nicht nur im Musikprogramm und unserer Demotape Clinic, sondern auch in der Conference wider.» Wie schon 2022 verzichtete das m4music erneut darauf, ihr Festival in der Romandie zu eröffnen. Stattdessen ist man unverändert bemüht, dort unter dem Jahr Präsenz zu zeigen. «Im November waren wir mit einer Diskussionsrunde am Genfer Festival ‹Les Créatives› vertreten und übertrugen von dort aus auf Couleur 3 drei Konzerte.
Und vor zwei Monaten tauschten sich rund 100 Professionals bei einem m4music-Event in Lugano zur Frage aus, wie kleinere Städte die Musikszene fördern könnten.» Aus Schnyders Sicht war der Anlass im Tessin nicht nur ein wirksames Signal für die Szene vor Ort, sondern auch an die verantwortlichen Kulturförderungsinstitutionen der Region. «Für 2024 wollen wir uns grundsätzlich überlegen, wie es mit unseren Aktivitäten in der Romandie weitergehen soll und was wir als Extra bieten können.»
Ein Festival im Lernprozess
Diverse Festivalinhalte – darunter auch einige Panels – lassen sich auf der Webseite von m4music, dessen Soundcloud oder You-Tube-Kanal entdecken. «Aber trotz Digitalisierungsschub haben wir davon abgesehen, uns zu einem hybriden Event zu machen», hält Schnyder fest. Nicht zuletzt deshalb, weil ein derartiges Unterfangen zu aufwendig wäre. Gemäss Medienmitteilung sei am diesjährigen m4music ein grosser Wille spürbar gewesen, gemeinsam Fortschritte in Fragen der Diversität und Awareness, der Nachhaltigkeit sowie der sozialen Gerechtigkeit zu erzielen. «Wir befinden uns in einem Lernprozess, das ist uns bewusst. Klar ist auch, dass wir diesbezüglich weiter voranschreiten müssen.» In Sachen Flugreisen von geladenen Gästen und Performern verfüge das m4music noch über keine klaren Guidelines. «Vergleiche ich jedoch die heutige Anzahl der Flugreisen unserer Gäste mit derjenigen von vor der Pandemie, dann sind es markant weniger geworden.»
Vom Wert der Musik
Während beim Networking-Workshop «Crossing the Röstigraben» darüber diskutiert wurde, wie die Musikszene die Kluft zwischen der Deutsch- und der Westschweiz respektive dem Tessin überbrücken kann, drehte sich das Panel «Tomorrow’s Warriors» um die Frage, was die hiesige Jazzszene unternehmen muss, um vermehrt die junge Generation anzusprechen. Musikerin Julie Campiche stellte einst mit Schrecken fest, dass ihre kleine Tochter überzeugt war, das Saxofon sei kein Instrument für Mädchen, sondern ausschliesslich für Jungs. Campiche führte dies vor allem darauf zurück, dass zu wenige Frauen als Lehrpersonen an den hiesigen Ausbildungsstätten angestellt seien. «Wenn wir anerkennen, dass wir in dieser Hinsicht ein Problem haben, wäre das ein erster Schritt.»
Derweil wurde beim Panel «Welchen Wert hat Musik?» vor allem darüber debattiert, inwiefern Pop im Jahr 2023 Wertschätzung erfährt. Kulturwissenschaftler Maximilian Jablonowski bemerkte, mit Pop werde derzeit wieder vermehrt Geld umgesetzt, und warf die Frage auf: «Ist Pop überhaupt noch kreativ?» WoZ-Redaktorin Bettina Dyttrich bezeichnete das derzeitige Popmusik-System als «pervers». «Früher konnten Bands von ihren Shows und Alben leben. Das wird selbst für namhafte Acts zunehmend schwierig.»
Die nächste Ausgabe des Festivals findet am 22. und 23. März 2024 statt. Weitere Informationen unter: www.m4music.ch
Neuer Kammermusikwettbewerb «Paul Juon»
Vom 20. bis 22. Oktober 2023 wird erstmals der nationale Kammermusikwettbewerb «Paul Juon» ausgetragen.
Paul Juon (1872-1940). Ausschnitt aus einer Postkarte, undatiert. Foto: zVg
Mit einer Preissumme von insgesamt 25 000 Franken und einer schweizweiten Konzertvermittlung während dreier Jahre für die Preisträgerensembles wird eine gezielte und nachhaltige Förderung für hervorragende junge Kammerensembles angeboten. Trägerverein ist der Förderkreis Kammermusik Schweiz in Zusammenarbeit mit der Paul Juon Gesellschaft, Austragungsort ist die Kunsthalle Appenzell. Die Zusammensetzung der Jury wird im Juni bekanntgegeben. Anmeldefrist: 1. September 2023.
Gemäss dem künstlerischen Leiter Martin Lucas Staub ist es das erklärte Ziel der Organisatoren, durch diesen Kammermusikwettbewerb mit Konzertvermittlung die Lücke in der Förderung junger Schweizer Kammerensembles zu schliessen, die mit der Einstellung des Migros-Kammermusikwettbewerbs entstanden ist.
Nachhaltige Förderung
Die Konzertvermittlung während dreier Jahre sowie ein Coaching zum Management des eigenen Ensembles sind nachhaltige Fördermassnahmen. Sie erlauben es den Gewinner-Ensembles, ihre Konzerterfahrung zu erweitern und ihren Bekanntheitsgrad zu steigern, indem sie sich einem breiten Publikum in der ganzen Schweiz vorstellen können. Der Einstieg in ein erfolgreiches Berufsleben wird damit wesentlich erleichtert.
Darüber hinaus erhalten Konzertveranstalter im Falle eines Engagements der Gewinner-Ensembles eine substanzielle finanzielle Unterstützung durch den Förderkreis Kammermusik Schweiz. Damit werden gerade auch kleinere und mittlere Konzertveranstalter ermutigt, qualitativ anspruchsvolle Konzerte mit begabten Nachwuchsensembles anzubieten. Gleichzeitig garantiert der Förderkreis Kammermusik Schweiz den Musikerinnen und Musikern eine angemessene Entlöhnung.
Zugelassen sind Ensembles von Trio bis Sextett, die neben zwei frei wählbaren Werken auch ein Werk des Schweizer Komponisten Paul Juon aufführen. Der Wettbewerb will mit dem Pflichtstück von Paul Juon seine grossartige Musik gerade auch bei der jungen Musikergeneration vermehrt bekannt machen. Paul Juons umfassender Werkkatalog enthält Werke für alle relevanten kammermusikalischen Besetzungen.
Der Kammermusikwettbewerb Paul Juon soll künftig alle drei Jahre stattfinden. Weitere Informationen zu Wettbewerb und Online-Anmeldung finden sich unter www.fkms.org
Grosse Konkurrenz für Idagio und Co.
Seit dem 28. März kann man über die Apple Classical App klassische Musik streamen.
SMZ
- 05. Apr. 2023
nito103/depositphotos.com
Wer ein iPhone besitzt, hat seit dem 28. März 2023 über die Apple Classical App Zugriff auf den «grössten Klassik-Katalog der Welt» in der «höchsten verfügbaren Tonqualität» (Eigenwerbung).
Max Nyffeler war bei der Präsentation der App im Londoner Firmensitz dabei. Lesen Sie Nyffelers aufschlussreichen Bericht samt Einordnung direkt auf seiner Website
Christoph Grab erhält Swiss Jazz Award 2023
Der Swiss Jazz Award wird am 24. Juni im Rahmen von JazzAscona verliehen.
ZHdK/SMZ
- 05. Apr. 2023
Christoph Grab. Foto: René Mosele
Wie die Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) mitteilt, ist Christoph Grab «seit Jahrzehnten eine feste Grösse in der nationalen und internationalen Jazzszene.
Er hat eine Professur an der ZHdK inne, arbeitet als Freelancer in der Schweizer Jazzszene und gehört vielen festen Formationen an. Nun wird er mit dem Swiss Jazz Award 2023 ausgezeichnet. Die Preisverleihung findet am 24. Juni im Rahmen des Festivals JazzAscona statt, wo er in drei verschiedenen Formationen auftritt.
Der Swiss Jazz Award wird seit 2007 jährlich im Rahmen des JazzAscona an herausragende Persönlichkeiten der Schweizer Jazzszene vergeben.»
Rückblick mit Phantomschmerzen
Eine Tagung zum Thema «Musik-Diskurse nach 1970» an der Hochschule der Künste Bern.
Max Nyffeler
- 03. Apr. 2023
Carl Bergstroem-Nielsen lieferte mit seinem «Referat», einer Art Performance, willkommene Auflockerung. Foto: Max Nyffeler
Das inhaltliche Spektrum war breit, dafür sorgte neben der Vielfalt der Themen auch die internationale Ausrichtung. Ein Schwerpunkt der von Thomas Gartmann, dem Leiter der Forschungsabteilung der Hochschule der Künste Bern (HKB), konzipierten Tagung (23. bis 25. März) lag zwar auf der Schweiz und dem Tonkünstlerverein (STV), doch gab es daneben zahlreiche Beiträge über die Entwicklungen in west- und osteuropäischen Ländern, in Südafrika und den USA. Auch die Genderthematik kam zur Sprache. So kam eine perspektivenreiche Tagung zustande, die mit ihrer Vielzahl an Informationen und Standpunkten zum produktiven Weiterdenken anregte.
Die Eckpunkte markierten zwei Referate zu Beginn und am Schluss. Zum Auftakt nahm Jörn Peter Hiekel die Einseitigkeiten und Dichotomien im Fortschritts-Diskurs der Avantgarde seit den Fünfzigerjahren kritisch unter die Lupe, wobei er Adorno und seinem nachhaltigen Einfluss ein Sonderkapitel widmete. Er tappte aber nicht in die Falle der damals üblichen Schwarz-Weiss-Malerei – hier die Progressiven, dort die Reaktionäre –, sondern sprach sich für eine unvoreingenommene, aber historisch informierte Denkweise aus.
Den Gegenpol bildete das ideologisch verengte Schlussreferat von Jessie Cox, einem Schweizer Komponisten, Drummer und Pädagogen mit Rastazöpfen, der sich dem Kampf gegen die kulturelle Hegemonie des weissen Mannes verschrieben hat und mit identitätspolitischen Begriffshülsen nur so um sich warf. Ausgehend von der unglücklichen «Diversity»-Thematik des Lucerne Festival 2022 dozierte er via Zoom aus New York eine Dreiviertelstunde lang über den unausrottbaren Rassismus der Schweizer und apostrophierte ihre Medien, allen voran die NZZ, als Sprachrohre einer unreflektierten Anti-Blackness. Cox wird im August nun live beim Lucerne Festival auftreten. Für Unterhaltung ist also gesorgt.
Brisante Fragen ausgeklammert
Der Diskurswandel als historischer Prozess wurde nur vereinzelt explizit thematisiert. Was ist in musikalischer Hinsicht aus Habermas’ Diskursethik geworden, was lehrt uns Foucaults Ordre du discours über den heutigen Musikbetrieb? Solche brisanten Fragen lagen ausserhalb des Erkenntnisinteresses der versammelten Musikwissenschaftler. Auch die tiefgreifenden Veränderungen in der Musikkritik wurden nur beiläufig und vom hohen musikologischen Ross herab angesprochen. Die Referate kreisten meist um konkrete Phänomene und Projekte, um ästhetische Trends und institutionelle Probleme. So entstand zwar ein Panorama von durchaus kritischen Momentaufnahmen, aber ein Referat, das solche Detailaspekte in einen grösseren zeitlichen Horizont eingerückt hätte, wäre zweifellos ein Gewinn gewesen. Nicht oder nur ansatzweise diskutiert wurden zum Beispiel zwei auch für die Musik einschneidende Haupttrends der letzten fünfzig Jahre: das immer deutlicher sich abzeichnende Ende des Eurozentrismus und die mediale Revolution.
Erloschene Leuchttürme
Was die Medien angeht, so untersuchte immerhin Pascal Decroupet am Beispiel des französischen Spektralismus den Einfluss der Digitalisierung auf das Komponieren, und Einblicke in die Fernsehwirklichkeit gaben Thomas Meyer, der an die Produktionen von Armin Brunner mit Mauricio Kagel erinnerte, sowie Mathias Knauer, der nachwies, wie im Deutschschweizer Fernsehen experimentelle Musikfilmproduktionen im Lauf der Jahre auf null gesetzt wurden. Er wünschte sich einen politisch-emanzipatorischen Umgang mit dem Medium zurück, wie ihn einst Walter Benjamin imaginiert hat – ein lobenswerter Gedanke, der aber heute angesichts der von globalen Kapitalinteressen gesteuerten Medienindustrie pure Utopie ist.
Ein anderes Modell der Kulturförderung durch das Massenmedium Fernsehen stellte Gabrielle Weber mit zwei Reihen von Musikfilmen vor, die 1970 beim Westschweizer Fernsehen und 2001 bei DRS produziert wurden. Während die ältere Produktion das Musikschaffen in einen soziokulturellen Zusammenhang stellte und beispielsweise den Komponisten André Zumbach bei der Arbeit mit dirigierenden Kindern zeigte, waren die zehn Filme, die der Regisseur Jan Schmidt-Garre im Auftrag von DRS und dem STV drehte, ganz auf die Komponistenpersönlichkeiten und ihre Werke fokussiert. Mit der Veröffentlichung auf dem damals neuen Medium DVD erreichten die Filme von 2001 ein Publikum, das über die reinen Fernsehzuschauer hinausging. Die Gegenüberstellung der beiden Serien machte etwas vom Perspektivwechsel sichtbar, der sich in den Künsten innerhalb von dreissig Jahren abgespielt hat.
Darüber hinaus gab es damals noch eine enge Zusammenarbeit vor allem von Radio DRS mit dem Tonkünstlerverein. Sie ist Gegenstand eines Forschungsprojekts, über das Stefan Sandmeier und Tatjana Eichenberger berichteten. Der Unterschied zur Gegenwart ist eklatant: Heute verstehen sich die Fernsehanstalten vorwiegend als Distributionsmedium, sie kaufen fertige Produktionen ein oder beteiligen sich bestenfalls noch an Koproduktionen. Die Musikfilme sind mit Ausnahme von quotenträchtigen Aufzeichnungen von Massenevents oder Starportraits in die Spartenkanäle wie Arte, 3sat und in global abonnierbare Satelliten- und Internetkanäle abgewandert.
Diese Realitäten sind unumkehrbar und es nützt nichts, sie zu beklagen. Einen dialektischen Seiltanz vollzog in dieser Hinsicht Peter Kraut, der mit einer Mischung von Selbstironie und präziser soziokultureller Analyse, aber ohne Nostalgie auf die «goldenen Zeiten» der von ihm kuratierten Veranstaltung Taktlos Bern sowie Tonart Bern zurückblickte. Es waren Leuchttürme in der alternativen Musikszene des ausgehenden 20. Jahrhunderts.
Musik am Gängelband der Partei
Zwei grosse Themenbereiche fielen ins Auge. Da waren einmal die Rückblicke ost- und mitteleuropäischer Referentinnen auf die Musikpolitik im ehemaligen Ostblock. Die Beobachtungen der Litauerin Rūta Stanevičiūtė, wie im Kommunismus die nationalen Traditionen der systemstabilisierenden Doktrin des Sozialistischen Realismus dienstbar gemacht wurden, fanden dabei eine Parallele im Referat von Jelena Janković-Beguš (Belgrad) über die Kulturpolitik des blockfreien Jugoslawiens. Am Beispiel der zentralen Figur Nikola Hercigonja zeigte sie den politisch gewollten Filz von Partei und künstlerischem Schaffen auf. Der Komponist und Funktionär Hercigonja wurde von der Partei und den von ihr kontrollierten Medien zum musikalischen Nationalhelden aufgebaut, mit dem Resultat, dass seine pompöse Ästhetik in der serbischen Musik bis heute nachhallt. Zu den Absetzbewegungen von diesem Erbe gehört heute auch das avantgardistische Quantum Music Project aus Belgrad, dessen sieben Mitglieder eine erfrischende Verbindung von musikalischem Experiment, technischer Neugier und der Suche nach neuen sozialen Modellen praktizieren.
Die lustigen Baracken
Das Musikleben im Sozialismus war keineswegs uniform. Abseits der offiziellen Institutionen versuchten Musiker immer wieder, die engen Spielräume für eine alternative Praxis zu nutzen. Sie wurden von der Partei an der langen Leine geführt wie zum Beispiel in der DDR die Gruppe Neue Musik Hanns Eisler, deren Mitglieder von den Siebzigerjahren an auch mehrfach im Künstlerhaus Boswil zu Gast waren. Oder wo die Kontrolle löcherig war wie in dem als «lustigste Baracke im sozialistischen Lager» beneideten Ungarn, entstanden künstlerische Keimzellen mit Langzeitwirkung auch noch über 1989 hinaus – ein Beispiel ist der Werdegang des jungen Peter Eötvös. Ein Zentrum von geradezu magnetischer Anziehungskraft für alle freiheitlich gesinnten Musiker war ab 1956 das Festival Warschauer Herbst im kommunismusresistenten Polen; hier konnten sich Ost und West zum offenen Dialog treffen. Den Stimmen aus dem ehemaligen Ostblock räumte man in Bern erfreulicherweise viel Platz ei–n – für die westeuropäische Musikwissenschaft ist das keineswegs selbstverständlich.
Der STV, eine Erinnerungsneurose
Die Geschichte des STV ist bekanntlich Gegenstand eines Nationalfonds-Projekts, das nun auch den Rahmen für die Berner Tagung abgab. Folgerichtig drehte sich der zweite grosse Themenkomplex um den STV. Bemerkenswert, dass das in enger Verknüpfung mit der Diskussion um die freie Improvisation geschah – offenbar ist das ein Problembündel, das noch immer musikpolitische Neurosen wachzurufen vermag. Noch bemerkenswerter ist, dass der institutionelle Niedergang des STV und seiner Zeitschrift Dissonanz/Dissonance parallel zum Aufkommen der freien Improvisation verlief, die, publizistisch breit diskutiert, zu einem beliebten Gegenstand der Kulturförderung wurde und schliesslich an den Hochschulen zur institutionalisierten Gattung aufstieg. Konterkariert wurden diese Verfestigungstendenzen durch den Auftritt von Carl Bergstroem-Nielsen (Kopenhagen). Sein «Referat» bestand aus einer szenisch-musikalischen Performance des unschlüssigen Suchens und zufälligen Findens, durchbrochen von plötzlichen Einfällen – eine willkommene Auflockerung.
Nach den ausgiebigen Diskussionen um die Improvisation und ihren Stellenwert im Musikleben drängte sich dem Aussenstehenden ein Gedanke auf: Wirkte diese schweizerische Spielart des Dekonstruktivismus und der Negation des tradierten Werkbegriffs etwa als ästhetisches Ferment, das den Zerfallsprozess des STV auf diskursiver wie auf personalpolitischer Ebene beschleunigte? Mit der Auflösung des Werkbegriffs schwanden auch der Einfluss und das Engagement der altgedienten Aktiven im Vereinsleben – feste Strukturen waren nun eben verpönt. Die späte Einsitznahme von Improvisatoren in die Leitungsgremien des STV war nur ein äusseres Zeichen des schleichenden ästhetischen Paradigmenwechsels.
Defaitismus und struktureller Zerfall
Der Stecker gezogen wurde dem STV letztlich durch die Förderpolitik des Bundesamts für Kultur, das für künstlerische Aktivitäten keine Gelder mehr zur Verfügung stellte. Vor dem sich anbahnenden Fiasko verschlossen Vereinsmitglieder und Gremien die Augen. In seinem Referat beschrieb Thomas Gartmann den lange sich hinziehenden Countdown mit erbarmungsloser Deutlichkeit. Nach dieser Bilanz erscheint das Desaster wie ein Lehrbeispiel für institutionelles Versagen und angesichts der Passivität der Mitglieder zudem als ein demokratiepolitisches Fanal. Die Gründe, so darf man vermuten, sind in den Köpfen zu suchen: Werteverlust, Orientierungslosigkeit und folglich Tatenlosigkeit gegenüber einer sich verändernden Wirklichkeit, die man nicht wahrhaben wollte. In ihrem Akt der Selbstdestruktion durch Geschehenlassen – das Ganze weckt Assoziationen an eine Marthaler-Inszenierung – erwiesen sich die Verantwortlichen des STV freilich als echte Avantgarde. Sie waren der Zeit weit voraus, wie ein Blick auf den aktuellen Fall der Credit Suisse bestätigt.
In den Diskussionen zu dieser tristen Rückschau wurde übrigens unisono das Verschwinden des musikalischen Diskurses beklagt und der verblichenen Dissonanz/Dissonance ein Kränzchen gewidmet. Dass die SMZ ein Forum für einen solchen Diskurs sein könnte, kam niemandem in den Sinn. Sie wurde nicht einmal erwähnt. Doch möglicherweise ahnten die Anwesenden, dass die Zeit für die alten Diskurse vorbei ist. Nur, wie ein neuer aussehen sollte, weiss noch niemand. Ein Blick auf die heutige Wirklichkeit könnte da vielleicht helfen.
Die «Schweizer Musikzeitung» ist Medienpartnerin der Tagung «Musik-Diskurse nach 1970»
Abendmusik – Tafelmusik
Themenvormittag am Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Zürich.
Laura Kacl
- 31. März 2023
Georg Philipp Telemann. Anonymer Stich. Bild: Wikicommons
Im Rahmen des 38. Festivals Alte Musik Zürich fand am 11. März am Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Zürich ein Themenvormittag statt (Organisation: Esma Cerkovnik und Hein Sauer). Drei Beiträge beleuchteten das Festivalthema Vesper I: Abendmusik – Tafelmusik aus musikwissenschaftlicher sowie germanistischer Perspektive, wobei sich die Vielfältigkeit des Phänomens «Musik am Abend» zeigte.
Im ersten Referat berichtete Hein Sauer über die Vespervertonung im 16. Jahrhundert, die im Verlaufe des Jahrhunderts allmählich in den Fokus der liturgischen Musikproduktion rückte. Hierbei zeigte der Referent den besonderen Stellenwert, den die Vertonung der Psalmen und vor allem des Magnificat im 16. Jahrhundert sowohl in Italien als auch den protestantischen Gebieten nördlich der Alpen einnahm.
Der Vortrag von Julia Amslinger (Göttingen) und Nathalie Emmenegger (Bern) näherte sich der Vertonung von Psalmen aus literarischer Perspektive. Diese wurden in der frühen Neuzeit neu übersetzt, formuliert und geordnet. Das prominenteste Zürcher Beispiel ist das Werk Johann Wilhelm Simlers (1605–1672). Dessen Teutsche Gedichte (1648) wurden auf der Basis des Genfer Psalters 4-stimmig vertont. Ihr Erfolg zeichnete sich nicht nur durch zahlreiche Auflagen ab, sondern auch durch ihre Verbreitung aus Zürich bis in die Bündner Berge.
Abschliessend berichtete Ute Poetzsch (Magdeburg) über die Musique de Table Georg Philipp Telemanns (1733). Sie zeigte die musikphilologischen und musikalischen Probleme, die sich mit diesem anspruchsvollen kammermusikalischen Werk verbinden. Poetzsch erweiterte dadurch die Betrachtung um Aspekte der Instrumentalmusik im 18. Jahrhundert.
Diese Beiträge mit jeweils reger Diskussion bildeten einen hervorragenden Auftakt für die darauffolgenden Konzerte des Festivals.
Das NOB mit nächtlichen Bildern und Klängen
Die Nacht als Inspirationsquelle und als Raum zur Befreiung der Gedanken: Das Neue Orchester Basel schlägt eine Brücke zwischen Werken an der Schwelle zur Moderne und der bildnerischen Gestaltungskraft von Jugendlichen.
Niklaus Rüegg
- 30. März 2023
Die zusammengefügten Einzelbilder hängen fotografiert als riesiges Tuch über dem Orchester. Foto: Niklaus Rüegg
Das Neue Orchester Basel (NOB) steht seit 2012 unter der Leitung von Christian Knüsel. Er professionalisierte den Klangkörper und positionierte ihn neu mit spartenübergreifenden, thematischen und kommentierten Programmen. Die Nachwuchsförderung ist ein wichtiger Bestandteil seiner Orchesterarbeit. In regelmässigen Vermittlungsprogrammen werden Jugendliche mit eingebunden. In der NOB-Kompositionswerkstatt entstehen unter Anleitung Auftragswerke von jungen Komponierenden. Die NOB-Academy bietet mittel- und südamerikanischen Talenten Online-Masterkurse an ihrem Instrument an; in dieser Saison kam das Jove Orquestra Nacional de Catalunya (JONC) aus Barcelona als Kooperationspartner hinzu. Sechs Mitglieder dieses Orchesters wurden eingeladen, im Konzert vom 26. März im Stadtcasino mitzuspielen. «Wir möchten jugendliche Kreativität in unseren Konzerten sichtbar machen und die Freude für die Musik in die nächste Generation tragen», steht im Programmheft.
Ein Bild aus Nachtmusiken
Im vergangenen August bat Christian Knüsel den Künstler und Lehrer für Gestaltung am Zentrum für Brückenangebote Basel-Stadt (ZBA), Gert Handschin, zusammen mit seinen Lernenden einen bildnerischen Beitrag zum Programm «Die Gedanken sind frei – 1001 Nacht» zu leisten. Er sei sich zunächst nicht sicher gewesen, ob er diese Aufgabe umsetzen könne, verriet er in der Konzertpause, denn er habe zu diesem Zeitpunkt die Zusammensetzung seiner Klasse noch nicht gekannt. Jedes Jahr kommen neue, aus schwierigen Verhältnissen stammende oder in prekären Umständen lebende junge Leute ins ZBA – in diesem Schuljahr sind auch Flüchtlinge aus der Ukraine dabei. Er bat seine Kollegin Silvia Arbogast vom Gymnasium Bäumlihof, mit ihm zusammenzuspannen.
Sie einigten sich auf die Technik Linolschnitt und das Format 21 x 21 cm. Die Arbeitsvorgabe für die 25 beteiligten Schülerinnen und Schüler lautete, mit Schatten, Fragmenten sowie mit Farben zu experimentieren und sich dabei von der Musik des Abends inspirieren zu lassen. Am Schluss wurden die einzelnen Teile zu einem grossen Quadrat zusammengefügt. Das Original konnte im Foyer des Stadt-Casinos bestaunt werden. Ein riesiges Tuch mit den fotografisch übertragenen Kunstwerken hing über dem Orchester. Das Publikum hatte die Möglichkeit, seine Blicke über die bunten Quadrate schweifen zu lassen und gleichzeitig in die musikalisch-nächtliche Traumwelt einzutauchen.
Sprengen formaler Fesseln
In seiner Anmoderation stellte Christian Knüsel Debussy als den ersten Komponisten vor, der sich von starren formalen Strukturen verabschiedete. Debussy hatte sich bei seinen Nocturnes (1900) durch die impressionistischen Gemälde gleichen Titels von James Abbott McNeill Whistler inspirieren lassen. Mit dem Satz Nuages gelang es dem Orchester, das Publikum sogleich in eine fantasievolle nächtliche Traumwelt zu führen. Con sordino wurde die Dynamik innerhalb des Pianissimo zu Beginn voll ausgereizt. In der Mitte des Stücks türmten sich die Wolken mächtig auf, um sich gegen Ende wieder zu lichten.
John Cages Music of changes (1951) gab dem NOB-Saisonprogramm seinen Namen. In seinem Klavierstück erhob Cage die Unbestimmtheit zum Prinzip. Keine Interpretation sollte wie die andere sein. Die Aufführung sollte dem Zufall gehorchen und der Kreativität des Interpreten anheimgestellt sein. Knüsel löste diese Vorgabe, indem er die Pianistin Beatrice Berrut Cages Komposition im Wechsel mit dem Wohlfühlklassik-Stück Forgotten Dreams (1954) von Leroy Anderson spielen liess. Der Wechsel vom einen zum anderen wurde durch zufällig eingespielte Vogelstimmen gesteuert.
Manuel de Falla hat sein dreisätziges Werk Noches en los jardines de España (1909–1916) ursprünglich als drei Nocturnes für Klavier solo konzipiert, diese aber später zu einem sinfonischen Werk umgearbeitet. Das Klavier ist stark ins Orchester eingebunden, steht jedoch immer im Zentrum des Geschehens. Beatrice Berrut gab ihrem Part ein brillantes Profil.
Zum Schluss tauchte das Orchester mit Nicolai Rimski-Korsakows Scheherazade (1888) ab in die zauberhafte Märchenwelt von 1001 Nacht. Fantasie zu haben, könne auch überlebenswichtig sein, betonte Knüsel: «Inspiration war für Scheherazade existenziell», denn die Prinzessin musste den Sultan mit 1001 Geschichte Nacht für Nacht bei Laune halten, um nicht umgebracht zu werden. Das jahrelange Überleben der Prinzessin findet ihren musikalischen Ausdruck im ostentativen Wiederholen des einen Themas, das sich durch alle vier Sätze durchzieht, sich aber musikalisch ständig wandelt. Man könnte sagen, die Prinzessin bleibt dieselbe, die Geschichten wechseln. Die Ausformungen des Themas gelangen im Zweigespräch zwischen dem Holz und den Streichern aufs Feinste. Die Soloparts der Klarinette, der Flöte, der Oboe und des Fagotts und ganz besonders die Soli des Konzertmeisters David Castro Balbi bleiben in Erinnerung.
Bach und Reize: in Leipzig angekommen
Leipzig feiert die Festanstellung Johann Sebastian Bachs als Thomaskantor vor 300 Jahren. Der Schweizer Dirigent Andreas Reize leitet den Thomanerchor seit rund zwei Jahren.
Georg Rudiger
- 30. März 2023
Andreas Reize und der Thomanerchor. Foto: Eric Kemnitz
«Bach kommt an», steht auf dem Programmheft des Thomanerchors Leipzig. Der doppeldeutige Konzerttitel verweist zum einen auf die beiden Bewerbungskantaten BWV 22 und 23, die Johann Sebastian Bach für seine Kantoratsprobe am 17. Februar 1723 in der Leipziger Thomaskirche komponierte. Zum anderen erzählt der Titel auch von der einzigartigen Erfolgsgeschichte von Bachs Musik, die auch im 21. Jahrhundert weltweit ausstrahlt und ihn heute im Klassikbereich zum mit Abstand meistgehörten Komponisten macht. Leipzig feiert 300 Jahre Johann Sebastian Bach. 27 Jahre wirkte er hier als Thomaskantor, bis zu seinem Tod am 28. Juli 1750.
Jubiläumskonzert in der Thomaskirche
Andreas Reize ist der 18. Thomaskantor in der Nachfolge von Johann Sebastian Bach. Zum Jubiläumskonzert hat der Schweizer ein umfangreiches, anspruchsvolles Programm zusammengestellt, das neben den beiden Bach-Kantaten vier- bis fünfstimmige Motetten und geistliche Madrigale weiterer Thomaskantoren wie Moritz Hauptmann, Gottlob Harrer oder Johann Hermann Schein präsentiert. Auch sechsstimmige, für den Thomanerchor geschriebene Kompositionen aus der Geistlichen Chor-Music op. 11 von Heinrich Schütz werden an diesem Abend in der voll besetzten Thomaskirche Leipzig aufgeführt.
Traditionsgemäss auf der Empore um die Wilhelm-Sauer-Orgel stehend, entfaltet der Thomanerchor unter Reize einen ganz transparenten, aber durchaus voluminösen Klang. Die Textverständlichkeit ist hervorragend. In vielen Kompositionen ist ein tänzerischer Gestus zu spüren, den Reize mit grossen, schwungvollen Bewegungen, oft ganztaktig dirigierend auch einfordert. Die Intonation des Chores dagegen ist gelegentlich eingetrübt. Die tiefen Männerstimmen geraten etwa bei Moritz Hauptmanns Kyrie und Gloria zu dominant und auch eine Spur zu tief, die Balance kommt in Schieflage. Aber der schlichte Schlusschor aus Jesus nahm zu sich die Zwölfe BWV 22 über der virtuosen Orchesterbegleitung besticht gerade in den hellen Knabensopranen. Das Gewandhausorchester Leipzig glänzt mit rhythmischem Drive und exquisiten Solisten (Oboen!). Auch Bachs zweite Bewerbungskantate Du wahrer Gott und Davids Sohn BWV 23 verbindet in Reizes Interpretation Innigkeit mit Leichtigkeit. Der Dirigent ist nah beim Chor und gestaltet grosse Bögen.
Der Thomanerchor vor der Wilhelm-Sauer-Orgel in der Leipziger Thomaskirche. Foto: Tom Thiele
Traditionen und neue Konzepte
Trotz seiner erstklassigen, weit in die Zukunft weisenden Musik war Johann Sebastian Bach bei der Bewerbung um das Thomaskantorat nur dritte Wahl. Die Leipziger Ratsherren hatten nach dem Tod von Johann Kuhnau schon Georg Philipp Telemann zum neuen Thomaskantor gewählt, bevor er nach drei Monaten die Stadt wegen einer deutlichen Gehaltserhöhung seines Arbeitgebers in Hamburg versetzte. Auch der Darmstädter Hofkapellmeister Christoph Graupner hatte das bedeutende Amt bereits in der Tasche, wurde aber von seinem Dienstherrn nicht freigestellt. Erst dann entschied man sich für Johann Sebastian Bach, den man zur Sicherheit auch eingeladen hatte.
Die Wahl von Andreas Reize zum Nachfolger von Gotthold Schwarz dagegen verlief einstimmig. Nur in der Zeit danach sorgte ein offener Brief von einigen Thomanern, die sich übergangen fühlten, für Unruhe. Einen katholischen Schweizer konnten sie sich als Leiter des renommiertesten evangelischen Kirchenmusikamts nicht vorstellen. Beim Gespräch mit Reize im Alumnat, dem Internat des Thomanerchors gegenüber der Thomasschule, zeigt sich der Solothurner diesbezüglich schmallippig: «Dazu möchte ich nach zwei Jahren kein Wort mehr sagen. Man spürt es ja, dass es hervorragend läuft.» Auch die Frage nach seiner inzwischen erfolgten Konversion zum Protestantismus handelt Reize mit wenigen Worten ab. «Es war für mich von vornherein klar, dass ich konvertieren werde – die Presse hat es nur erst ein Jahr später mitbekommen. Kirche ist für mich Heimat. Und meine Heimat ist nun die Thomaskirche und Thomasgemeinde.»
Der 47-jährige Musiker, der unter anderem in Solothurn bis 2021 den traditionsreichen Knabenchor der St. Ursenkathedrale leitete, möchte nach vorne schauen und geniesst die tägliche, intensive musikalische Arbeit mit den Thomanern, die in der Schulzeit jede Woche mindestens eine Bachkantate aufführen. Reize hat eine feste Tagesstruktur eingeführt. Beim Einsingen setzt er auf Bewegungsspiele und Hilfsmittel wie Therabänder zur Erhöhung der Körperspannung. «Besser singen, angstfrei singen – und es auch mal lustig haben», lautet sein pädagogisches Konzept. Auch musikalisch geht der betont selbstbewusst auftretende Dirigent neue Wege, indem er gerade für das Label Rondeau mit einer nur 24-köpfigen Chorbesetzung und der Akademie für Alte Musik Berlin in einer besonderen Aufstellung Bachs Johannespassion aufgenommen hat.
In der Arbeit mit dem Leipziger Gewandhausorchester ist ihm historische Aufführungspraxis ebenfalls wichtig, was Phrasierung und Vibratogestaltung angeht. Reize schätzt auch die Forschungsarbeit des Bach-Archivs Leipzig, mit dessen Leiter Peter Wollny und seinem Team er in regelmässigem Kontakt steht. Dass er nicht nur weiterhin alle zwei Jahre in Solothurn auf Schloss Waldegg Barockopern dirigieren wird, sondern auch von der Leipziger Oper als Dirigent für dieses Repertoire angefragt wurde, freut den neuen Thomaskantor.
Die Stadt ist stolz auf ihre Musik
2023 wird sich der Thomanerchor beim auf mehrere Jahre angelegten Projekt «Bach300» rege beteiligen und neben anderen Chören Bachs ersten Leipziger Kantatenjahrgang, exakt abgestimmt auf das Kirchenjahr, zur Aufführung bringen. «Dass wir dabei abwechselnd in der Thomaskirche und der Nikolaikirche singen, wie das zu Bachs Zeit üblich war, seit dem Verbot von 1943 aber nicht mehr praktiziert wurde, ist für uns eine besondere Freude», sagt Reize. Beim unter dem Motto «Bach for future» stehenden Bachfest Leipzig (8. bis 18. Juni 2023) wird der Thomanerchor im Eröffnungskonzert neben den Kantaten Singet dem Herrn ein neues Lied BWV 225 und Die Elenden sollen essen BWV 75 eine zu diesem Anlass komponierte Kantate von Jörg Widmann uraufführen und sich in einem weiteren Kantatenkonzert am 15. Juni mit Knabenchören aus Dresden, Windsbach und Hannover messen.
In Leipzig vermisst der Schweizer die Berge. «Ich mag die Offenheit der Stadt und die vielen Grünflächen. Leipzig ist zwar eine Grossstadt, hat aber trotzdem auch einen dörflichen Charakter.» Dass am Hauptbahnhof für das Gewandhausorchester und den Thomanerchor geworben werde, gefalle ihm sehr. «Die Musik hat hier eine enorme Bedeutung für die Stadt – etwas Vergleichbares gibt es leider in der Schweiz nicht.» Und was mag der Thomaskantor an der Musik von Johann Sebastian Bach? «Die Tiefe. Die Verbindung von Wort und Musik in seinen Werken ist einzigartig!»
Georg Rudiger war von der Projektleitung »Bach300 – 300 Jahre Bach in Leipzig« in Kooperation mit Leipzig Tourismus und Marketing zu «Bach kommt an» eingeladen.
Zupfkonzerte Schweiz – Südkorea
Durch die Corona-bedingte Absage des EuroZupf-Festivals in Bruchsal (D) hat das Orchester zupf.helvetica die grossartige Möglichkeit, mit einem koreanischen Mandolinenorchester auf eine musikalische Reise zu gehen.
Sandra Tinner
- 29. März 2023
Schweizer Zupforchester «zupf.helvetica».Foto: Nicola Bühler
Das Schweizer Mandolinen- und Gitarrenorchester zupf.helvetica, das sich 3–4 Mal pro Jahr an einem Wochenende für seine Arbeitsphasen trifft, beschloss, den ausgefallenen Termin trotzdem für einen internationalen Anlass zu nutzen. Es ergab sich ein Kontakt zum südkoreanischen Bundang Mandolin Orchestra, das seinerseits – nicht zum ersten Mal – eine Reise nach Europa plante. Daraus entwickelte sich eine interessante Zusammenarbeit, aus der das Projekt von drei gemeinsamen Konzerten an verschiedenen Orten in der Schweiz entstand.
zupf.helvetica ist ein noch junges Orchester, gegründet 2017 auf der Musikinsel Rheinau, das sich hauptsächlich aus Amateur- und wenigen Profimusiker: innen aus der ganzen Schweiz zusammensetzt. Vertreten sind die in Zupforchestern üblichen Instrumente Mandoline, Gitarre, Mandola, Mandoloncello und Kontrabass. Das Orchester ist seit seiner Gründung stetig gewachsen und unternahm bereits kleine Konzertreisen nach Lugano, Genf und Deutschland. Auch war es anlässlich eines Live-Auftritts am Westschweizer Radio RTS zu hören.
zupf.helvetica widmet sich dem breiten Spektrum von alter bis zeitgenössischer Musik für Mandolinen- und Gitarrenorchester und erweitert deren musikalische Vielfalt durch Auftragskompositionen von Schweizer Komponierenden. Gleich drei Werke, die für zupf.helvetica geschrieben wurden, werden im Rahmen dieser Konzerte im Mai unter der musikalischen Leitung von Christian Wernicke (Dirigent und Gitarrist aus Heidelberg) zur (Ur-)Aufführung kommen: Werke von Victor Solomin, Anina Keller und Ramon Bischoff.
Gemeinsame Reise
Das Bundang Mandolin Orchestra, beheimatet in der Metropolitanregion der südkoreanischen Hauptstadt Seoul, besteht aus 45 Amateurmusiker: innen und wird seit seiner Gründung vor 24 Jahren von Dirigentin Seo Yun Sook geleitet. Es unternahm Konzertreisen in Asien und nach Europa. Dank seines grösseren Klangvolumens tritt das koreanische Orchester in seiner Heimat häufig auch zusammen mit Blas- und Streichinstrumenten, mit Klavier und Schlagzeug auf.
Die Organisator:innen dieses gemeinsamen Projekts – der Verein «Kultur für Alle» und der Zupfmusik-Verband Schweiz – freuen sich auf die gemeinsamen Proben im Mai am Walensee,
auf den kulturellen Austausch und auf die Auftritte. Jedes Orchester wird einen eigenen Teil bestreiten und zuletzt werden zwei Stücke – eines aus der Schweiz und eines aus Südkorea – gemeinsam aufgeführt, ein musikalischer Leckerbissen, den man sich nicht entgehen lassen sollte.