Herkulesaufgabe/Travaux d’Hercule

Frank-Thomas Mitschke, Rektor der Kalaidos Musikhochschule, beantwortet die Fragen der Schweizer Musikzeitung zu Corona.

Frank-Thomas Mitschke, Rektor der Kalaidos Musikhochschule, beantwortet die Fragen der Schweizer Musikzeitung.

Wie geht es Ihnen und der Kalaidos Musikhochschule nach diesem Jahr?

Mir geht es sehr gut, da ich mit Corona direkt nie in Berührung gekommen bin. Bezüglich der Hochschule gab es einige Projekte in 2020, die wegen Corona leider nicht stattfinden konnten. Wir hoffen nun, dass diese nur aufgeschoben sind
und nicht aufgehoben.

Was ist für Sie besonders einschneidend an der Corona-Zeit? Können Sie uns das krasseste oder überraschendste Erlebnis erzählen?

Nein, es gab kein negatives Erlebnis, das so stark unter den anderen in dieser negativen Situation heraussticht.

Wie verändert die Corona-Zeit Ihrer Meinung nach den Musikerberuf und Ihre Hochschule?

Ich bin der Überzeugung, dass nichts mehr genau so sein wird wie vorher, sollte diese Pandemie einmal beendet sein. Darüber zu jammern hilft wenig, und wir sollten das Beste daraus machen. Das Beste heisst für mich: Wo immer möglich zurückkehren zu Musik mit physischer Präsenz, sei es in Konzerten, sei es im Unterricht. Wo dies nicht geht, sollten wir geprüft haben, was gut ist, und bewusst die Hilfsmittel einsetzen, die wir benötigen. Im Moment habe ich den Eindruck, jeder experimentiert nach seinem Gusto mit Skype, Whatsapp, Zoom, Appassimo und was es noch alles gibt. Es sollte eine Studie erstellt werden, welche klar die Eignung für unsere Zwecke – also die Vermittlung von Musik – beschreibt. Ich habe diesen Gedanken sowohl in der KMHS als auch in der Kalaidos FH eingebracht.

Welche Frage möchten Sie dem Bundesrat stellen oder was wünschen Sie sich von ihm, damit die Musikszene wieder auflebt?

Hilfe.

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Corona

Schon ein ganzes Jahr! Wie geht es den Verbänden, die an der Musikzeitung beteiligt sind? Was war besonders aufreibend, wo stehen sie heute, was erhoffen sie sich für die kommenden Monate? Dazu ein Blick in die Arbeit der Taskforce Culture, von Künstleragenturen und eines englischen Songwriters.

Titelbild: neidhart-grafik.ch
Corona

Schon ein ganzes Jahr! Wie geht es den Verbänden, die an der Musikzeitung beteiligt sind? Was war besonders aufreibend, wo stehen sie heute, was erhoffen sie sich für die kommenden Monate? Dazu ein Blick in die Arbeit der Taskforce Culture, von Künstleragenturen und eines englischen Songwriters.

Alle blau markierten Artikel können durch Anklicken direkt auf der Website gelesen werden. Alle andern Inhalte finden sich ausschliesslich in der gedruckten Ausgabe oder im e-Paper.

Focus

Herkulesaufgabe
Eine Zwischenbilanz von Verantwortlichen der SMZ-Partnerorganisationen
nach einem Jahr Corona
Alle Interviews online

Pragmatisch durch die Krise
Darren Hayman und seine Überlebensstrategien

Vollbremsung
Künstleragenturen haben ein schwieriges Jahr hinter sich

Dolmetscherin komplexer Erwerbsformen
Die Juristin Nina Rindlisbacher, seit Beginn der Corona-Krise engagiert in der Taskforce Culture, erzählt von ihrem Einsatz für den Kultursektor.


La RMS parle du sujet de ce numéro à la radio :
Espace 2, Pavillon Suisse, mardi 30 mars 2021, de 20h à 22h30

ab zirka 1:55:00
 

… und ausserdem

RESONANCE


Hörerfahrung erweitern — der Dirigent Titus Engel

Unerhörtes von Frauen — erster Teil des Festivals «frauenkomponiert»

Radio Francesco — maintenant / jetzt

Chatten über …  Musikförderung: Michael Kaufmann und Urs Schnell

«La prise de risque est totale »Powder her Face à Fribourg

Carte blanche per Zeno Gabaglio

 

CAMPUS


Virtuelle Musikräume — Spielen, Hören und Unterrichten im Netz
 

FINALE


Rätsel
— Chris Walton sucht


Reihe 9

Seit Januar 2017 setzt sich Michael Kube für uns immer am 9. des Monats in die Reihe 9 – mit ernsten, nachdenklichen, aber auch vergnüglichen Kommentaren zu aktuellen Entwicklungen und dem alltäglichen Musikbetrieb.

Link zur Reihe 9


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Herkulesaufgabe

Die Schweizer Musikzeitung hat den Verbandsverantwortlichen schriftlich vier Fragen gestellt. Redaktionsschluss war am 8. März, mitten in der Frühjahrssession 2021, als das Covid-19-Gesetz behandelt wurde.

Al Nik / unsplash.com
Herkulesaufgabe

Die Schweizer Musikzeitung hat den Verbandsverantwortlichen schriftlich vier Fragen gestellt. Redaktionsschluss war am 8. März, mitten in der Frühjahrssession 2021, als das Covid-19-Gesetz behandelt wurde.

Wenn es «rund» läuft, gehen sie vergessen: die Musikorganisationen, deren Arbeit nicht im Rampenlicht steht. In Krisenzeiten sind die unentbehrlichen Lobbyisten in Sachen Musik besonders wichtig und gefragt wie nie.

Nach einem Jahr Corona haben Verantwortliche der Partnerorganisationen der Schweizer Musikzeitung eine Zwischenbilanz gezogen anhand von vier Fragen:

Wie geht es Ihnen und Ihrem Verband?
Was ist für Sie besonders einschneidend an der Corona-Zeit?
Wie verändert die Krise Ihrer Meinung nach den Musikerberuf und/oder Ihren Verband?
Welche Frage möchten Sie dem Bundesrat stellen oder was wünschen Sie sich von ihm, damit die Musikszene wieder auflebt?

 

Wolfgang Böhler
Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Musik-Medizin SMM

Christine Bouvard
Présidente de l’Association Suisse des Ecoles de Musique ASEM

Annette Dannecker et Paola De Luca (texte)
Coprésidentes de la Société Suisse de Pédagogie Musicale SSPM

Michael Kaufmann
Präsident von Sonart – Musikschaffende Schweiz

Frank-Thomas Mitschke
Rektor der Kalaidos Musikhochschule

Valérie Probst
Secrétaire générale du Concours Suisse de Musique pour la jeunesse CSMJ

Rosmarie Quadranti
Präsidentin des Schweizer Musikrats SMR

Johannes Reinhard
Präsident des Eidgenössischen Orchesterverbands EOV

Noémie L. Robidas
Présidente de la Conférence des Hautes coles de Musique Suisses CHEMS

Beat Santschi
Zentralsekretär des Schweizerischen Musikerverbandes SMV

Cristina Urchueguía
Präsidentin der Schweizerischen Musikforschenden Gesellschaft SMG

Andreas Wegelin
Generaldirektor der Suisa, Genossenschaft der Urheber und Verleger von Musik

Anmari Mëtsa Yabi Wili
Präsidentin des Forums Musik Diversität FMD

 

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Herkulesaufgabe/Travaux d’Hercule

Andreas Wegelin, Generaldirektor der Suisa, Genossenschaft der Urheber und Verleger von Musik, beantwortet die Fragen der Schweizer Musikzeitung zu Corona.

Andreas Wegelin, Generaldirektor der Suisa, Genossenschaft der Urheber und Verleger von Musik, beantwortet die Fragen der Schweizer Musikzeitung.

Wie geht es Ihnen und der Suisa nach diesem Jahr?

Das Unternehmen Suisa muss – wie auch Musiker und Veranstalter – einen Einbruch hinnehmen. Er betrifft die Livebranche, also dort, wo Musiker vor Publikum spielen, ganz drastisch. Wir haben in diesem Bereich Umsatzeinbussen von über 50 Prozent. Leider sieht es auch für 2021 nicht besser aus; der andauernde Lockdown lässt uns im Moment in diesem Sektor ohne positive Perspektiven. Glücklicherweise lizenziert die Suisa nicht nur den Livebereich, sondern vertritt die Urheber auch im Senderecht, bei Aufnahmen, bei der Leerträgervergütung und für Online-Nutzungen. Diese Bereiche sind weniger von der Krise betroffen. Und es zeigt sich jetzt, wie wichtig die Investition in die Zukunft des Online-Lizenzgeschäfts – in unserem Falle in unsere Tochter Suisa Digital Licensing und in die Dienstleistungsfirma Mint Digital Services — ist. Die Einnahmen für unsere Mitglieder konnten im Online-Bereich um fast 40 Prozent gesteigert werden. Sie sind damit aber noch nicht auf dem Niveau der Lizenzeinnahmen aus der Boomzeit der CD.

Intern im Unternehmen gibt es trotz des Wegfalls von Veranstaltungen und der entsprechend geringeren Lizenzabwicklung genug zu tun. Einerseits fielen 2020 vor allem die grossen Anlässe weg, kleine mit wenig Umsatz mussten jedoch mit genauso viel oder gar mehr Aufwand trotzdem abgerechnet werden. Andererseits bietet die Krise die Chance, Prozesse und Abläufe zu überdenken und neu noch konzentrierter auszurichten auf Online-Selfservices. Das Ziel ist, dass sowohl Mitglieder wie auch Kunden automatisiert und online Zugang bekommen zu den wichtigsten Dienstleistungen der Suisa.

Die persönliche Situation ist anstrengend, da ungewohnt und für die Zukunft unsicher. Gesamthaft gesehen bringt die Krise auch eine Zäsur mit, in welcher man sich bewusster wird, welche Dinge wirklich wichtig sind und auf welche man auch verzichten kann. So ist es beispielsweise durchaus von Vorteil, dass gewisse Gespräche auch per Video stattfinden können und man nicht ständig zu Meetings mit entsprechend aufreibender Reisezeit unterwegs sein muss.

Was ist für Sie besonders einschneidend an der Corona-Zeit?

Besonders beeindruckend sind für mich Künstlerinnen, welche mit der ihnen eigenen Kreativität neue Wege beschreiten. Insbesondere durch Kontakt zu ihrem Publikum auf elektronischem Weg oder, ganz krass, das Ghost Festival, welches Ende Februar – genau ein Jahr nach den ersten einschränkenden Massnahmen (max. 1000 Besucher ab 28. Februar 2020) – stattgefunden hat. Oder eben gerade nicht stattfinden konnte: eine gross angelegte Solidaritätsaktion mit Schweizer Musikbands, aber auch den Technikern und Veranstaltern im Hintergrund. Beeindruckende 1,2 Millionen Franken konnten auf diese Weise mittels Ghost-Ticketverkäufen gesammelt und an die notleidende Branche verteilt werden.

Wie verändert die Corona-Zeit Ihrer Meinung nach den Musikerberuf?

Corona hat gezeigt, dass die Musiker – ganz viele sind freischaffend oder in Kleinstunternehmen tätig – ihre Lebenssituation und ihre Arbeit besser bekannt machen müssen. Es gelang glücklicherweise der Taskforce Culture, sich in Bundesbern, in der Regierung, im Parlament und in der Verwaltung, Gehör zu verschaffen, damit die Unterstützungsmassnahmen für staatlich verordnete Ausfälle auch an Kulturschaffende und Kulturbetriebe bezahlt werden. Diese Kraft und das Bewusstsein in der Gesellschaft und der Politik für die Kultur gilt es weiter zu entwickeln und zu festigen. Nach der Pandemie wird nicht wie vor der Pandemie sein, gerade deshalb ist diese gemeinsame Stimme der Kultur besonders wichtig. Viele Künstlerinnen und Künstler fühlen sich von der Politik im Stich gelassen und nicht ernst genommen. Die Taskforce Culture und andere Künstlerverbände mussten bei vielen Parlamentarierinnen und Parlamentariern zuerst überhaupt das Bewusstsein schaffen, dass Kunstmachen ein Beruf ist – mit richtigen Jobs und einer Wertschöpfung von mehreren Milliarden Franken. Auch dieses Bewusstsein gilt es weiterhin zu schärfen.

Welche Frage möchten Sie dem Bundesrat stellen oder was wünschen Sie sich von ihm, damit die Musikszene wieder auflebt?

Corona ist gefährlich. Gefährlich ist es aber für die Einwohnerinnen und Einwohner dieses Landes auch, ohne Kultur, ohne Musik auszukommen und sich nicht mehr für gemeinsame Kulturerlebnisse treffen zu dürfen. Es muss doch differenziertere Möglichkeiten geben, als einfach sämtliche Veranstaltungen mit Publikum zu schliessen. Gemeinsame Kultur- und Musikerlebnisse sind ein Grundbedürfnis der Menschen. Lasst also unter Schutzmassnahmen nicht nur Einkaufszentren offen sondern auch kleinere und mittlere Kulturveranstaltungen. Bundesrat Alain Berset hat im Oktober 2019 in einem Interview mit der WoZ (https://www.woz.ch/-a10e) gesagt, dass «die Kultur in unserem Land absolut unbestritten ist, als wichtiges identitätsstiftendes Element». Wenn ich mir die aktuelle Situation für die Kulturschaffenden anschaue, dann würde ich ihn gerne fragen: «Herr Berset, wenn Kultur unbestritten und identitätsstiftend ist, weshalb bemüht sich der Bundesrat nicht besonders, Kultur wieder zugänglich zu machen?»

Rosenberger unterrichtet in Lübeck

Die in Zürich geborene Komponistin Katharina Rosenberger ist auf die Professur für Komposition an der Musikhochschule Lübeck (MHL) berufen worden.

Foto: Hans Gut

Rosenberger übernimmt zum Sommersemester die internationale Kompositionsklasse an der MHL. Die Schweizerin folgt damit Dieter Mack nach, der nach 18-jähriger Tätigkeit an der MHL in den Ruhestand geht.

Die 1971 in Zürich geborene Klangkünstlerin studierte am Berklee College of Music in Boston, an der Londoner Royal Academy of Music sowie an der Columbia Universität New York bei Tristan Murail, wo sie ihren Doctor of Musical Art erwarb. Zwölf Jahre unterrichtete sie Komposition und Klangkunst an der University of California in San Diego und wurde dort 2018 zur Professorin ernannt.

Ihre Werke sind interdisziplinär angelegt und beziehen bildende Kunst, Video und Theater ein. In ihren überwiegend kammermusikalischen Werken setzt sie ungewöhnliche Instrumentenkombinationen ein, oft mit einer Hauptrolle für die menschliche Stimme und unter Mitwirkung von Tanz, Licht und Elektronik.

Am liebsten, schreibt die Musikhochschule Lübeck, entwickelt sie ihre Arbeiten in der Zusammenarbeit mit anderen Künstlern. Sie lockt ihr Publikum gerne an ungewöhnliche Orte und wirft traditionelle Erwartungen zur Aufführungspraxis dabei über den Haufen.

Autismus und Musik

Die Hinweise auf komplexe Zusammenhänge zwischen absolutem Gehör und Autismus verdichten sich.

SMM — Die Fähigkeit, absolut zu hören, ist in den letzten Jahrzehnten auffallend neu bewertet worden. Seit dem 19. Jahrhundert galt es romantisierend als von der Natur oder Gott gegebenes Distinktionsmerkmal «echter» Musikprofis. Als beinahe selbstverständlich galt dabei, dass Absoluthörende in Wahrnehmung und Wiedergabe von Musik genauer seien als nicht absolut Hörende. Genauigkeit wiederum galt unhinterfragt als Qualitätsmerkmal. Genaueres Spiel wurde gerne auch gleichgesetzt mit expressiverem Spiel. Dem Narrativ folgend galten demnach Absoluthörer als eine eigene Kaste von Virtuosen des emotionalen Ausdrucks.

Diese einfachen Zusammenhänge zwischen Emotionalität, Präzision und Absoluthören werden heute allerdings mehr und mehr hinter-fragt. Eine vom Musikphysiologen Eckhart Altenmüller betreute Dissertation der Neurowissenschaftlerin Teresa Wenhart trägt dazu wesentlich bei. Kürzlich hätten, schreibt die Autorin in der Zusammenfassung der Arbeit, zwei Studien von vermehr-ten autistischen Persönlichkeitsmerkmalen bei Musikern und Musikerinnen mit absolutem Gehör berichtet. Mehrere Fallstudien und Studien mit kleinen Stichproben hätten häufiges Vorkommen von absolutem Gehör bei autistischen Personen festgestellt. Darüber hinaus sei in mehreren Untersuchungen beider Populationen ähnliche Gehirnkonnektivität in Bezug auf Über- und Unterkonnektivität des Gehirns berichtet worden. Es sei jedoch noch unklar, wie dieses Zusammentreffen erklärt werden könne. Irritierend für das traditio-nelle Narrativ der Zusammenhänge zwischen Musik, absolutem Gehör und Emotionali-tät ist, dass die Fähigkeit zur kognitiven Empathie im Falle von Autimus gar nicht oder nur schwach ausgeprägt ist, wie etwa eine Studie von Bons, Egon van den Broek und Floor Scheepers («Motor, emotional, and cognitive empathy in children and adolescents with autism spectrum disorder and conduct disorder», Journal of abnormal child psychology. Band 41, Nummer 3, April 2013, S. 425–443) feststellt.

Da sich die kritische Periode für die Ausbildung des absoluten Gehörs mit einer Periode der detailorientierten Wahrnehmung während der normalen kindlichen Entwicklung überschneidet, könnte ein für Autismus typischer detailorientierter «kognitiver Stil», das heisst, «die Veranlagung, eingehende sensorische Informationen auf eine bestimmte Weise zu verarbeiten, als gemeinsamer Rahmen für die Erklärung der Ähnlichkeiten dienen».

Wenhrt untersuchte insgesamt 64 Musikprofessionelle, unter anderm mit Elektroenzephalographie, Messungen autistischer Symptome sowie auditorischen und visuellen Experimenten. Im Allgemeinen zeigten Absoluthörende dabei mehr autistische Merkmale als Relativhörende. Die beobachteten Effekte legen nahe, dass Absoluthörende im Vergleich zu Relativhörenden tendenziell eine stärker auf Details ausgerichtete Verarbeitung und eine weniger kontextbezogene Integration besitzen.

Dies zeigt sich offenbar auch in den Hirnstrukturen. Laut Wenhart weist ein typisches menschliches Gehirn ein effizientes Netzwerks aus stark in sich vernetzten Modulen (Segregation) und wenigen Querverbindungen zwischen diesen Modulen (Integration) auf. In ihrer Studie zeigten Absoluthörenden jedoch gegenüber Relativhörenden weitestgehend reduzierte Integration und Segregation sowie reduzierte interhemisphärische Verbindungen.

Die Studie gibt einen Hinweis darauf, dass absolutes Gehör und Autismus durch Ähnlichkeiten im kognitiven Stil und in der Konnek-tivität des Gehirns in Verbindung stehen könnten. Inkonsistenzen der Ergebnisse spiegelten, so Wenhart, darüber hinaus die Heterogenität des absoluten Gehörs als Phänomen wider.

Literatur:

Teresa Wenhart: Absolute pitch ability, cognitive style and autistic traits: a neuropsychological and electrophysiological study. Dissertation (Tierärztliche Hochschule Hannover), Hannover, 2019.

L’enseignement du jazz dans les HEM suisses

Le jazz fait partie des multiples facettes de la scène musicale suisse. Un aperçu de l’histoire et du développement des filières jazz aux Hautes Écoles de Musique suisse et un rapport sur les archives de jazz suisses swissjazzorama.

Thomas Dobler — Afin d’avoir une explication de l’enseignement du jazz, il est inévitable d’essayer de définir et décrypter cette musique qui nous passionne. Des nombreuses tentatives à ce propos ont été faites durant les cent dernières années. Pour certains, le jazz est « la » musique du 20e siècle. Pour d’autres, le jazz est considéré comme « la » musique des Afro-Américains. D’autres encore disent que le jazz, c’est « la » musique improvisée. Pour les certains, le jazz signifie la rébellion, la résistance ou alors le combat de liberté. Pour d’autres, c’est une musique qui consiste principalement du « groove ». On pourrait établir une longue liste de clichés, parfois presque caricaturaux. Au bout du compte, on se retrouve dans tous les cas dans une véritable jungle de style.

Heureusement, le jazz se démontre malin. Il ne se laisse pas cataloguer. Il s’est développé et continue à se développer. Il n’a jamais été possible de le piéger dans des catégories dogmatiques et inflexibles. Même les disputes entre les traditionalistes et les modernistes dans les années 50 et 60 se sont perdues dans le néant. Néanmoins, la question « qu’est-ce que le jazz ? » continue à faire objet de discussions, notamment entre musiciens et au sein des institutions professionnelles. Le défi pour ces dernières est en effet énorme.

Le jazz a toujours été marqué par le mélange d’influences et de style. C’est en quelque sorte le fruit artistique des échanges culturels et par conséquent l’expression de la liberté. Le jazz se nourrit de la tradition afro-américaine, mais aussi des tendances les plus actuelles, y compris de la musique électronique. Il se nourrit également de toutes les musiques dites classiques, notamment le baroque, la musique impressionniste et expressionniste. Ensuite, le jazz s’inspire fortement de la musique afro-cubaine, la musique brésilienne, la musique de l’Afrique de l’ouest, de l’Inde, de la musique du monde tout court. L’échange est crucial. Il semble donc évident que le musicien jazz devrait faire preuve d’une grande ouverture d’esprit. Il devrait à la fois jouir d’une large connaissance de la tradition, et en même temps toujours se diriger vers l’inconnu.

Jazz, c’est un état d’esprit

Miles Davis disait que le jazz n’est pas une musique. C’est un état d’esprit ! Il avait probablement raison. Mais comment se positionner en tant que Haute École de Musique (HEM) ? On ne peut pas enseigner un état d’esprit. Mais on peut enseigner la musique dans sa plus grande diversité. Ceci afin que les étudiants puissent développer leur personnalité ainsi que leur état d’esprit propre à travers des riches expé-riences.

Jusque dans les années 1960, les musiciens qui voulaient apprendre à jouer du jazz en Suisse le faisaient de manière autodidacte. Les quelques offres de formation créées durant l’entre-deux-guerres à la Musikakademie de Zurich (1935), au Conservatoire de Bâle (1940) et au Lycée musical de Genève (1941) n’avaient pas pu s’établir de manière durable. Les livres sur le jazz étaient rares et les disques chers. On apprenait donc en jouant avec des collègues expérimentés, en écoutant et copiant le peu d’enregistrements dont on disposait. Dans ce contexte, de nombreux musiciens amateurs étaient à la recherche de conseils et d’initiation professionnelle. En réponse à cette demande, des cours de jazz sont mis sur pied entre 1958 et 1961 à Zurich, Bâle et Berne. En 1967, la Swiss Jazz School ouvre ses portes à Berne et propose une formation calquée sur le programme du Berklee College of Music de Boston. Par rapport à l’enseignement, les Etats-Unis avaient à cette époque une avance considérable, malgré une grande popularité du jazz dans toutes les régions de l’Europe. En Suisse romande, entre 1979 et 1982, trois conservatoires classiques, le Conservatoire de Musique de Fribourg, le Conservatoire Populaire de Musique (CPM, Genève) et le Conservatoire de Montreux ouvrent des sections jazz. Les années suivantes voient la création de l’École de jazz et de Musique Actuelle (EJMA) dans trois villes romandes : à Martigny en 1983, à Lausanne en 1984 et à Sion en 1986.

Ensuite, le domaine du jazz en Suisse franchit un véritable cap dans les années 2000. Lors de la réforme de Bologne, les Hautes Écoles de Musique de Lausanne, Berne, Lucerne et Zurich intègrent des filières jazz. Quelques années plus tard, les HEM de Zurich et Lausanne ouvrent également des départements des Musiques Actuelles. Dans la foulée, des filières préprofessionnelles se mettent en place dans toute la Suisse. La DKSJ (Direktorenkonferenz der Schweizer jazzschulen) réunit les cinq départements jazz des HEM suisses ainsi que la plupart des « Pre-Colleges » et autres écoles jazz des quatre coins du pays. Cette institution est particulièrement précieuse comme lieu d’échange et réalise régulièrement des projets en commun. Globalement, on peut dire que le rayonnement national et international se développe et devient de plus en plus important. Ainsi, en l’espace d’une quarantaine d’années, on est passé en Suisse d’une scène amateur et d’un apprentissage informel à des formations professionnelles de niveau tertiaire, donc à des cursus d’études structurés qui débouchent sur des diplômes de Bachelor et Master, reconnus au niveau fédéral.

Anticipation des
développements

En parallèle, le domaine du jazz a énormément évolué. Sur un point artistique, mais aussi sur un point d’environnement musical. La révolution numérique a fondamentalement changé notre métier ainsi que le marché de travail. Tous les départements jazz des HEM Suisse suivent ce développement, notamment dans le domaine de l’informatique musicale ainsi que dans le domaine du studio et enregistrement. Les compétences visées et requises pour le « musicien d’aujourd’hui » ont tendance à se multiplier très rapidement. Il faut être à la fois généraliste et spécialiste. Dans ce contexte, il n’est pas toujours facile de mettre en place un plan d’étude cohérent qui répond à tous les besoins. D’autant plus que les HEM devraient anticiper certaines évolutions. C’est la raison pour laquelle la plupart des écoles ont mis en œuvre des possibilités d’individualisation du cursus afin de permettre un maximum de profils diversifiés. Cependant, avec cette multitude d’alternatives, il n’est pas toujours évident pour un jeune musicien de trouver son identité artistique. L’accompagnement par les professeurs est très important, mais ne peut jamais remplacer les expériences pratiques. La concurrence parfois rude dans tout le secteur de la musique sur un niveau international ne facilite pas cet enjeu.

Il faut impérativement avoir un esprit d’entrepreneur avec un bon sens pour l’innovation. L’élan très dynamique que l’on trouve actuellement au sein des départements jazz des HEM Suisse favorise le développement de ce « nouveau » modèle de musicien. Toute cette énergie positive mérite d’être entendue. Dans ce sens, espérons une fin de la pandémie très rapide et une reprise de la culture fulgurante !

Thomas Dobler

… est adjoint de direction département jazz, responsable de la filière Bachelor jazz et responsable de la filière Masteren Interprétation option Performer-Composer à l’HEMU (Haute École de Musique Vaud Valais Fribourg).

Matthias von Orelli — Das Schweizer Jazzarchiv schaut auf eine spannende Geschichte zurück. 1989 als Verein Pro Jazz Schweiz gegründet war er das Ziel, einerseits das vorhandene Bild- und Tonmaterial zu archivieren, andererseits Informationen aus der Vergangenheit und Gegenwart der Schweizer Jazzszene zu sammeln. 1996 wurde das Archiv zunächst an die Jazzschule Basel übergeben, ehe man im Jahr 2000 nach Uster umzog. In demselben Jahr fand auch die Umbenennung in swissJazzorama statt. In den folgenden Jahren wuchsen die Archivbestände immer weiter an, gleichzeitig hat die Sammlung an Bedeutung gewonnen, da sie wichtige kulturhistorische Werke der Schweizer Jazzlandschaft aufbewahrt, die sowohl für die Wissenschaft wie auch für die Öffentlichkeit aufbereitet werden. Mit dieser Entwicklung wird dem Vereinszweck Rechnung getragen: Das systematische Zusammentragen und Aufbereiten von repräsentativen Informationen und Dokumenten zu Geschichte und Gegenwart des Jazz im Allgemeinen und in der Schweiz im Speziellen.

In naher Zukunft ist die Fusion des Archivs mit der ZHdK geplant, womit swissJazzorama zur Abteilung Jazz der Musikhochschule Zürich gehören würde. Diese Überleitung hätte den Vorteil, dass das Archiv von den verschiedenen Disziplinen der ZHdK profitieren könnte, also nicht nur vom Departement Musik, sondern beispielsweise auch vom Departement Design. Mit diesem Schritt würde auch die wichtige, sinnvolle und zeitgemässe Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Archiv gestärkt. Zusätzlich ergibt sich aus dieser Zusammenarbeit eine Chance für Studierende, welche sich als Helferinnen und Helfer engagieren könnten.

Bis heute gilt das swissjazzorama als die zentrale Archiv- und Informationsstelle zum Thema Jazz in der Schweiz1. Die Website ermöglicht den Zugriff auf das enorm umfangreiche Online-Archiv, die Bestände beinhalten Bild- und Tonträger, Bücher, Plakate, Fotografien, Presseartikel und Instrumente. Rund 3500 Bücher zum Thema Jazz (Biografien, Nachschlagewerke, Diskografien, thematische und musikwissenschaftliche Werke) sind aktuell einsehbar, im Fotoarchiv finden sich unter anderem historische Fotos und Aufnahmen von Musikern und Jazzpersönlichkeiten, die die Schweizer Jazzszene prägten oder immer noch prägen, und im Notenarchiv lagern Handskizzen sowie Eigenkompositionen von Musikern aus der Schweizer Jazz-Szene, aber auch Noten von «Standards», die mit Randnotizen bezüglich Arrangements oder Harmonie-Modulationen versehen sind. Rund 4200 Plakate beleuchten grafisch die Schweizer Jazzszene vom Anfang des 20. Jahrhunderts bis heute.

Damit positioniert sich die Institution als wichtige Anlaufstelle für Studierende, Dozierende, Musik-wissenschaftler und Journalisten, aber ebenso für Jazzfans aller Stil-richtungen.

Note

1. Ebenfalls bedeutend ist das Archiv von Niklaus Troxler, welches die Hochschule Luzern – Musik bewirtschaftet:

> www.willisaujazzarchive.ch

Musiker/innen im Gespräch

Frank-Thomas Mitschke im Interview mit der Sopranistin Christiane Oelze und dem Pianisten Bernd Goetzke (Teil 2).

Frank-Thomas Mitschke — Christiane Oelze arbeitet weltweit mit berühmten Orchestern und Dirigenten zusammen, z. B. mit den Berliner Philharmonikern und Sir Simon Rattle. Sie ist Solistin bei renommierten Festivals wie den BBC Proms, in Glyndebourne, bei den Salzburger Festspielen, beim Schleswig-Holstein Musik-Festival, dem Lucerne Festival,in Tanglewood und bei Mostly Mozart Festival New York. In Liederabenden aufgetreten ist Oelze mit ihrem langjährigen Klavierpartner Eric Schneider und mit Solopianisten wie Mitsuko Uchida (in der Carnegie Hall) und Pierre-Laurent Aimard (u. a. bei der Mozartwoche Salzburg und beim Aldeburgh Festival). Sie unterrichtet Gesang an der Kalaidos Musikhochschule.

Christiane Oelze , du hast eine reiche Erfahrung als Musikerin! Wie hat die Interpretin Christiane Oelze die Dozentin Christiane Oelze beflügelt und wie umgekehrt?

Mein eigenes Singen fiel mir lange so leicht, dass ich mich nicht so gut in Schüler hineinfühlen konnte, vielleicht wenig Geduld hatte. In gewisser Weise unterrichtet man sich selbst ja zuerst, lernt sich selbst zu verbessern und Dinge zu erarbeiten. Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich dieselbe Leidenschaft wie im Singen im Unterrichten vermittle.

Gibt es eine «Methode Oelze»?

Durch 34 Jahre Sänger-Tätigkeit in diesem Beruf bildet sich wohl so etwas wie eine eigene Methode. Mein Steckenpferd war wohl immer mein besonderes Stilempfinden, der Instinkt, wie man welches Lied, welche Arie gestaltet.

Worauf legst du bei jungen Sängern/innen Wert, wenn sie bei dir studieren wollen?

Ich nehme jeden, der/die sich ernsthaft mit Gesang beschäftigt, und bereit ist, mit einer gewissen Regelmässigkeit zum Unterricht zu kommen. Je öfter ein Training, desto besser. Ich bin der Meinung, dass jeder Mensch ein Recht auf guten Gesangsunterricht hat!

Wie geht man mit stimmlichen Krisen um?

Am besten, indem man sie überwindet. Singen in dieser Liga ist ein Hochleistungssport, und wie man an Spitzensportlern sieht, jeder verletzt sich mal, muss pausieren. Wehret den Anfängen, kann man vielleicht sagen. Möglichst eine gesunde Funktion des Stimmapparates (also des ganzen Körpers…), eine gesunde Balance von Körper, Geist und Seele bewahren, dies beinhaltet eine Menge an Dingen. Und – es gibt auch ein Leben neben, oder besser mit – dem Singen.

Gibt es bezüglich des Repertoires, das du mit Studierenden erarbeiten möchtest, einen Fokus?

Natürlich empfehle ich geeignete Literatur, gehe mit Repertoire auf die stimmliche und musikalische Entwicklung ein. Mit Studenten, die ihren Bachelor/Master vorbereiten, versuche ich, einen ausgeglichenen Plan mit Oper/Oratorium/Lied, zu erarbeiten. Es gibt so viel Repertoire; die Stunde in der Woche reicht kaum aus, um alles zu er- bzw bearbeiten. Der Studierende muss auch selbst viel Repertoire studieren.

Welchen Stellenwert hat die (deutsche) Sprache im Gesangsunterricht?

Für klassischen Gesang ist die deutsche Sprache unerlässlich, es sei denn, man lebt in Italien und singt absolut nur italienisches Opernrepertoire. Sprache überhaupt: Gegenüber den Instrumenten haben wir den Vokal als Träger des Klangs, die klingenden Konsonanten quasi als Kettenglieder dazwischen.

Hast du eine Art «pädagogisches Credo», das du deinen Studierenden auf den Weg gibst?

Ja, habe ich: Dient immer der Musik, singt immer mit dem Herzen, hört immer der Musik, Pianist, Orchester zu, folgt dem Duktus der Komposition in Melodie, Sprache und Rhythmus, und es erschliesst sich euch.

Und noch ein paar Fragen an Bernd Goetzke

Bernd Goetzke, Sie haben u. a. bei Arturo Benedetti Michelangeli studiert. Sehen Sie sich auch als Bewahrer dieser Klaviertradition? Worin besteht diese Tradition?

Interessanterweise habe ich in jüngster Zeit mehrfach über diesen Punkt etwas schreiben und sprechen müssen.

Dinge, die mir von jeher heilig waren – seit Kindestagen, durch mein Studium, gerade auch bei Michelangeli – können offensichtlich ganz einfach verloren gehen. Ich schöpfe Hoffnung daraus, dass es nach wie vor die wunderbaren Zentren der Ausbildung gibt, in denen wenigstens eine Minderheit der oft so begabten und motivierten Klavieradepten betreut werden kann. Aber außerhalb dieser «Nester» gibt es viel Bedenkliches.

Dass Michelangeli hier eine Autorität der höchsten Stufe war, wird man kaum bestreiten können. Aber er hat unendlich viel mehr als dies vermittelt: Musik richtig zu «lesen», auch mit den Augen eines Komponisten oder auch Dirigenten, Hintergrundwissen zu den Kompositionen, eine lebendige Imagination… Das ist mehr als «Tradition», es sollte grundsätzliches pädagogisches und künstlerisches Allgemeingut sein, unabhängig von der Tatsache, dass nichts bleiben kann, wie es mal war.

Was ist Ihr künstlerisch/pädagogisches Credo? Was geben Sie Ihren Studierenden mit auf den Weg? Und was raten Sie ihnen ganz pragmatisch, wie sie ihren Lebensunterhalt verdienen sollen – davon ausgehend, dass nicht alle von ihrer Tätigkeit als ausübende Künstler leben können?

Ich treffe meine Studierenden in einer Phase, in der es noch unabdingbar ist, alles auf eine Karte zu setzen. Irgendwann werden es dann vielleicht zwei oder drei Karten: Gedanken an das Unterrichten – etwa auf einer möglichst guten Position in ihrer jeweiligen Heimat (ich habe zu 90 % ausländische Studierende) kommen hinzu, das neue und hochinteressante Feld des Selbstmanagements, die Kammermusik, Liedbegleitung, eine Mischung aus all dem… Übrigens halte ich es für eine meiner Aufgaben, gegebenenfalls vor einem Studium von selbigem abzuraten. Dies kommt heute sehr viel häufiger vor als noch vor wenigen Jahrzehnten.

Vorrangig gehören hierzu die Erziehung zur Selbstständigkeit, die Vermittlung von Werten, bei denen das Ego nicht unbedingt im Zentrum steht, ein charakterliches, künstlerisches Rüstzeug, mit dem man durchs Leben kommt.

Gegen Spezialisierung ist nichts zu sagen, außer, dass sie nicht zu früh einsetzen sollte. Zunächst gilt es, seine Fühler weit genug in alle Richtungen auszustrecken. Dann wird man schon sehen…

Monbijou – Klang aus der Brücke

Der Klarinettist und Saxofonist Sha lotet mit seinen Instrumenten den Raum unter der Monbijou-Brücke aus. Oben dröhnt der Autoverkehr.

Aufnahmen im Tunnel unter der Brücke. Foto: zVg,Sha

Sha spielt Bassklarinette und Altsaxofon und tut dies gewöhnlich als Teil von Ronin und Mobile, den zwei Ensembles um Nik Bärtsch, deren «Ritual Groove Music» zu den innovativsten und erfolgreichsten Schweizer Musikexporten gehört. Unter dem Banner von Sha’s Feckel ist Sha schon früher in eigener Regie in Erscheinung getreten (das Album Greatest Hits ist ein echter Knüller). Diesmal ist er nun aber wirklich vollkommen solo: eine Bassklarinette, ein Saxofon, gelegentlich der Hauch eines elektronischen Loops, ein Hocker, ein Mensch – und ein gewaltiger Höhlensound. Der Grund dafür steht im Titel.

Imposante 337,5 Meter lang ist die Berner Monbijou-Brücke, und es gehören dazu zwei Betontunnel, die unter den rauschenden Autos vom einem Aare-Ufer zum anderen führen. In einem davon setzte sich Sha hin und spielte live die drei Stücke ein, die sich auf dieser wunderbaren Mini-LP finden – ein kurzes Intro, ein fast halbstündiges Herzstück, Mon Bijou, dann noch ein Dessert, MM, in konventioneller Sechs-Minuten-Länge.

Üblicherweise stimmt es misstrauisch, wenn Musiker über die Vorzüge ihrer Videos reden. Reicht die Musik allein nicht aus, um sich unsere Aufmerksamkeit zu verdienen? Hier trifft das Gegenteil zu. Darum ist die stimmungsvolle Videoaufnahme des Auftritts auch einige Wochen vor dem Tonträger veröffentlicht worden. Die vom Dekor her kargen (Beton, Blech, Leuchtstäbe), von den fast monochromen Farben her indes äusserst facettenreichen Bilder etablieren die ortsspezifische Stimmung, ohne die Aufnahmen ihrer Magie zu berauben. Ähnlich subtil ist die Musik. Nach dem zarten, kurzen Intro gibt sich Sha im meditativen Kernstück viel Zeit und Raum, um seine Themen zu entwickeln, und trägt dann im dritten Teil die Loops doch noch etwas dicker auf. Der feiste Klang von Bassklarinette und Sax wirkt dank dem Tunnel-Hall noch reichhaltiger. Der Verkehr, den man dumpf über die Brücke donnern hört, steuert eine eigene, ungewohnte Variation des Konzepts eines «Drone» bei. Ein in jeder Hinsicht packendes Werk.

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Mon Bijou 1
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Mon Bijou 2
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Mon Bijou 3
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